Haben die Attentäter von New York gewonnen?

16 Jahre nach den Anschlägen auf das WTC in New York ist die Welt nicht mehr wiederzuerkennen. Und der Westen hat genau das gemacht, was die Terroristen wollten.

Die Anschläge von New York haben den internationalen Terrorismus erst richtig befeuert. Foto: Jvolkblum at en.wikipedia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Seit dem 11. September 2001 ist nichts mehr so, wie es war. Die fürchterlichen Anschläge von New York haben genau die Reaktionen gehabt, die sich die Terroristen gewünscht hatten – der Westen ist in die von den Terroristen angebotene Eskalationsspirale eingestiegen und das Ergebnis sehen wir heute.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Experten schätzen, dass es vor „Nine-eleven“ weltweit ungefähr 800 „Schläfer“ oder „Gefährder“ gab, also Menschen, die bereit sind, Terroranschläge zu begehen. Heute, 16 Jahre nach Beginn des von George W. Bush initiierten „Kriegs gegen den Terror“ schätzen dieselben Experten die Anzahl potentieller Gefährder auf 100.000 weltweit – und genau das war es, was die Terroristen von New York beabsichtigt hatten.

Die USA haben die NSA ins Leben gerufen und genau wie viele andere Länder zahlreiche individuelle Rechte ausgehebelt, in der vagen und leider unberechtigten Hoffnung, dadurch die Sicherheit zu steigern. Die Anzahl der Anschläge seit „Nine-eleven“ zeigt, dass dies eine Fehleinschätzung ist – die Sicherheitsmaßnahmen haben keinesfalls dazu geführt, dass es weniger Terror auf der Welt gibt.

Man kann sich sogar die Frage stellen, ob das verrückte „Kalifat“, das der „Islamische Staat“ ausgerufen hat, ohne die westlichen Reaktionen auf „Nine-eleven“ überhaupt gegründet worden wäre. Wir sind mit Pauken und Trompeten in einen höchst seltsamen Krieg eingestiegen, der keine Gewinner kennt, jährlich aber einen hohen Milliardenbetrag kostet – alleine das Jahresbudget der NSA beträgt über 6 Milliarden Dollar.

Und wir akzeptieren inzwischen alles. Ausländische Geheimdienste spionieren alles und jeden aus, immer im Namen der Sicherheit, wir akzeptieren das faktische Aushebeln von Schengen, wir nicken begeistert, wenn Geheimdienste mit irrwitzigen Budgets ausgestattet werden und sich jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen – alles für die Sicherheit.

Doch was haben wir heute für eine Sicherheit? Wöchentlich finden Terroranschläge statt, die nicht oder nur kaum zu verhindern sind. Der „Islamische Staat“ hat seine Strategie geändert und fordert junge Radikale aus dem Westen nicht mehr auf, in den Mittleren Osten zu kommen, um dort die Truppen des „IS“ zu verstärken, sondern lädt seine Anhänger ein, stattdessen Anschläge „mit allen Mitteln“ dort zu verüben, wo sie herkommen. Was auch der Grund dafür ist, warum die meisten Attentate der letzten Zeit eher „amateurhaft“ ausgeführt werden, mit Fahrzeugen, Messern und anderen eher „unprofessionellen“ Werkzeugen.

Im Grunde gehört die Strategie des Westens auf den Prüfstand, denn der „Krieg gegen den Terror“ hat nicht etwa den Terror besiegt, sondern diesem ungeahnten Auftrieb gegeben. Ganz offensichtlich ist die westliche Strategie falsch und fördert lediglich die Absichten der Terrororganisationen.

Es ist eine bittere Erkenntnis, dass die Attentäter von New York genau das erreicht haben, was sie wollten – die Welt in Angst und Schrecken versetzen, Panik auslösen, die Gesellschaften polarisieren. An dieser Entwicklung ist die Politik des Westens nicht unschuldig. Wer Terror wirklich bekämpfen will, muss die Ursachen bekämpfen und das ist alles andere als einfach. Nur – so weitermachen wie bisher, das geht auch nicht. Der „Krieg gegen den Terror“ muss anders geführt werden, in unseren Vorstädten, in unseren Gesellschaften und erst dann militärisch in den Ländern, in denen die Terroristen unterstützt werden. Der Weg dorthin ist lang und wird viele, viele Jahre dauern. Ein Grund mehr, sich schnell auf den Weg in die richtige Richtung aufzumachen.

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