Kontraproduktiv: Weniger Deutsch-Unterricht in Frankreich

Da reden sie immer davon, wie wichtig die deutsch-französische Zusammenarbeit und der Abbau der Sprachbarrieren ist - doch Frankreich will den Deutschunterricht reduzieren.

Die französische Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem will den Deutschunterricht in Frankeich um die Hälfte reduzieren - viel dämlicher geht es eigentlich kaum. Foto: Metropolitain School / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – So weit her kann es ja mit der Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit dann doch nicht sein. Die französische Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem kündigte nun an, dass in der Mittelstufe, dem „Collège“, der Deutschunterricht um die Hälfte reduziert werden soll – nachdem sie erst zu Beginn des Monats vollmundig angekündigt hatte, dass der „Deutschunterricht gestützt und verstärkt“ werden solle. Allerdings sagte sie das beim gemeinsamen deutsch-französischen Ministerratstreffen, einer Gelegenheit, bei der man nicht so gerne Dinge von sich gibt, die sich so offen gegen die deutsch-französische Zusammenarbeit richten.

Der französischen Bildungsministerin scheint das allerdings egal zu sein – der Deutschunterricht wird von der Regierung offenbar als nicht so wichtig betrachtet. Wie anders sollte man diese drastische Reduzierung des Deutschunterrichts sonst werten, wo sich doch alle in allen Sonntagsreden darüber einig sind, dass das größte Hindernis in der deutsch-französischen Zusammenarbeit nach wie vor die Sprachbarriere ist? Wie soll man diese Ankündigung im Licht der “Frankreich-Strategie” der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer verstehen, die angekündigt hat, dass bis 2043 Französisch zweite Amtssprache im Saarland werden soll?

In ihrem Bestreben, alles zu reformieren, was man bis 2017 noch reformieren kann, führt die französische Regierung nun einen ziemlich kurzsichtigen Schlag gegen den Sprachunterricht. Eine Begründung, wo der Vorteil dieser bereits 2016 greifenden Reform liegen soll, erwartet man bisher vergeblich. Man weiß nur, dass die Anzahl der auf Deutsch gehaltenen Unterrichtsstunden in bilingualen Zügen von 16 Wochenstunden auf 7,5 Wochenstunden reduziert werden soll, was zahlreiche Lehrer arbeitslos machen wird und aus dem Deutschen statt einer Art “zweiter Muttersprache” wieder eine sich schwer anzueignende Fremdsprache machen wird. Was dann ungefähr genau das Gegenteil dessen ist, wofür zahlreiche Organisationen seit Jahrzehnten kämpfen.

Wie schwierig die deutsch-französische Zusammenarbeit bei gegenseitiger Sprachlosigkeit ist, erlebt man im Großen wie im Kleinen tagtäglich. Die Mehrzahl der politischen Entscheidungsträger auf beiden Rheinseiten, sowohl auf lokaler, regionaler wie nationaler Ebene, versteht die Sprache des Nachbarn nicht – von der Kultur des Nachbarn ganz zu schweigen. Dementsprechend schleppend läuft die Verständigung auf allen Ebenen der Politik. Die zweisprachige Ausbildung, für die so viele Vereine und Organisationen seit Jahrzehnten kämpfen, ist der einzige Weg, dieses gegenseitige Unverständnis zu beheben – und genau diese Jahrzehnte langen Anstrengungen macht Bildungsministerin Vallaud-Belkacem nun mit einem Federstrich zunichte.

Die Proteste gegen diese kurzsichtige Maßnahme kommen von allen Seiten, sogar von französischen Politikern. Denn wie will man gemeinsame europäische Politik machen, wenn man nicht miteinander sprechen kann? Wie will man eigentlich den Bürgerinnen und Bürgern glaubhaft klarmachen, dass es sich lohnt, sich für die deutsch-französische und europäische Zusammenarbeit zu engagieren, wenn ausgerechnet die Bildungsministerin die Entwicklung zu einem besseren gegenseitigen Verständnis sabotiert?

Am Oberrhein kann man angesichts dieses Angriffs auf die deutsch-französischen Beziehungen nur staunen. Vielleicht sollten die Granden der Elsässer PS einmal ein ernstes Wort mit ihrer Parteiführung wechseln. Denn wenn dieser Plan tatsächlich in die Praxis umgesetzt wird, werden viele der sinnvollen Initiativen am Oberrhein ernsthaft gefährdet. Und es bleibt die Frage, wie es Präsident Hollande und sein Ministerpräsident Manuel Valls immer wieder schaffen, derart inkompetente Minister zu finden. Sollte sich die PS zum Ziel gesetzt haben, bei den Wahlen 2017 auf ein einstelliges Ergebnis zu kommen, dann ist sie auf genau dem richtigen Weg.

Inzwischen gibt es eine Internet-Petition gegen diese unglaubliche Reformidee, die täglich von zahlreichen Menschen unterzeichnet wird. Das können Sie auch tun, wenn Sie HIER KLICKEN, worum wir Sie herzlich bitten möchten!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste