Langsam muss sich Brüssel warm anziehen…

Die Kollegen von politico.eu berichten von einer neuen Kampagne für einen einzigen Sitz des Europäischen Parlaments – aber dieses Mal nicht in Brüssel, sondern in Straßburg!

Catherine Trautmann kämpft für den "Signle Seat" des Europäischen Parlaments - in Strassburg! Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Sollte Brüssel am Ende den „Zweitsitz“ des Europäischen Parlaments verlieren, weil dort beim Bau geschlampt wurde? Die Parlamentsverwaltung steht vor einer schwierigen Situation – das Parlamentsgebäude in Brüssel ist offenbar baufällig und die Renovierungsarbeiten könnten einen dreistelligen Millionenbetrag verschlingen. Dafür, dass der „Wanderzirkus“ zwischen Straßburg und Brüssel weitergeht? Dafür, dass die Lobbyisten weiterhin kürzere Wege in der belgischen Hauptstadt haben, um weiter versuchen zu können, Einfluss auf die europäische Politik zu nehmen? Eine neue Kampagne unter dem Arbeitstitel „Strasbourg – The Seat“ wird noch vor Ende des Monats in die Offensive gehen. An der Spitze – ein europäisches „Schwergewicht“.

Die frühere französische Kultusministerin, Europaabgeordnete und Straßburger Bürgermeisterin Catherine Trautmann (PS), von politischen Gegnern ebenso geschätzt wie von den Parteifreunden, wird diese Kampagne leiten und auch diese Nachricht dürfte in Brüssel sorgenvolles Stirnrunzeln auslösen, denn Catherine Trautmann ist nicht nur hervorragend vernetzt, sondern auch dafür bekannt, dass wenn sie sich in ein Thema richtig hineinkniet, sie kaum zu stoppen ist.

Es könnte ein großer Glücksfall für Straßburg sein, dass ihre Partei sie bei der letzten Europawahl ausgebootet hat, um den lothringischen Gewerkschafter Edouard Martin ins Europäische Parlament zu bekommen, wohl in der Hoffnung, dadurch mehr Wählerstimmen bei der Europawahl 2014 in Lothringen zu erhalten. Ein politischer Schachzug, der sich als Eigentor für die PS erwies, denn mit Catherine Trautmann fehlt den Sozialisten seitdem eine wichtige Stimme im Parlament, während Edouard Martin bislang durch ziemlich genau nichts im Parlament auffiel. Doch dieser „politische Strategiefehler“ könnte sich nun als enorm wichtig für den Parlamentssitz in Straßburg erweisen.

Ebenso wie der Umstand, dass Straßburg für das Europäische Parlament genau das bietet, was für dieses Parlament wichtig ist: Eine hervorragende Infrastruktur, Erweiterungsmöglichkeiten, eine inzwischen deutlich verbesserte Infrastruktur, mit der auch die ständig nörgelnden britischen Abgeordneten schnell ins Wochenende kommen (ab April 2016 braucht der TGV nur noch 1:50 Stunden nach Paris, also ungefähr so lange, wie man im Feierabendverkehr vom Brüsseler Parlamentsgebäude durch den Dauerstau auf dem Brüsseler Ring zum Flughafen Zaventem braucht…) und vor allem, wie erst kürzlich der Europaabgeordnete Arne Gericke von der Familienpartei in einem Gastbeitrag auf Eurojournalist(e) schrieb – Straßburg bietet genau die Distanz zu den 20.000 Lobbyisten in Brüssel, die ein demokratisch gewähltes Parlament braucht.

Wie Brüssel nun einen dreistelligen Millionenbetrag rechtfertigen will, der für ein Parlamentsgebäude benötigt würde, das in einer Stadt steht, die nach den Verträgen gar nicht der Sitz des Europäischen Parlaments ist, darf man beruhigt abwarten. Wer weiß, ob nicht alle, die in Brüssel laut nach einem „Single Seat“ gerufen haben, am Ende ziemlich enttäuscht sein werden…

Den interessanten Artikel von „politico.eu“ finden Sie (in englischer Sprache), wenn Sie HIER KLICKEN!

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