Liebe im Zaubergarten der Oper – Lakmé in der Rheinoper

Eine romantische Nummernoper aus dem Frankreich des Fin de Siècle eröffnet die reguläre Saison im Straßburger Musentempel. Zauberhafte Melodien aus dem Zaubergarten verzaubern den Beginn des tristen Monats November - der ja vielleicht doch besser ist als sein Ruf.

Hinterm Horizont ist nicht hinterm Mond: Vorhang auf für ein poetisches Spiel um die Liebe der Lakmé im Zaubergarten auf der wunderschönen Bühne der Rheinoper zu Straßburg. Foto: Illustration von Paul Lanners, OnR

(Michael Magercord) – Ach, aus dieser Oper stammt der Hit? Vermutlich werden so manche Zuschauer, die sich in der ersten Novemberwoche in die Rheinoper von Straßburg einfinden, oft in der Versuchung sein, beim Erklingen der Melodien mitträllern zu wollen. Denn kaum eine Oper hat sich so sehr in das populäre Repertoire verbreitet, wie Lakmé von Léo Delibes.

Wie bitte, Sie haben noch was vom „Blumenduett“ gehört? Doch wahrlich, Sie haben! An dieser Melodie ist noch niemand vorbeigekommen, der je einen Film gesehen hat oder auch nur nebenbei Werbung schaut. Sie sind ein harter Bursche oder taffes Mädel und machen sich nichts aus lieblichen Klängen? Lara Croft und Michael Gordon Peterson alias Bronson, dem gefährlichsten Häftling Britanniens, trällerte das Blumenduett, und selbst die blutrünstigen Piranhas in 3D wuchsen unter dieser Melodie zu ihrer Horrorgestalt heran.

Und das lag durchaus in der Absicht des Komponisten – nicht die Piranhas wohlgemerkt, sondern der langanhaltende populäre Erfolg seiner Lieder. Denn Lakmé ist eine typische Nummernoper der Romantik, wie sie am Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich überaus beliebt waren. Zwei Stunden voller Melodien zum Mitträllern, aber Achtung für alle, die nun gleich an das deutsche Pendant der Operette denken: Diese Oper ist durchaus dem sogenannten „ernsten“ Genre zuzurechnen, denn ihre musikalische Grundstruktur ist gar nicht so federleicht, wie es aufs erste Hören scheinen mag. Léo Delibes hat sich nämlich besonders um einen indisch anmutenden Klang seiner Melodien bemüht.

Denn ach, diese Oper erzählt ja auch noch eine Geschichte. Sie ist in einem fernen Zauberland angesiedelt, das sich im zauberbehafteten Indien der Kolonialzeit befindet, und handelt von der Liebe der wohlbehüteten Tochter des Brahmanenpriesters zu einem britischen Offizier, der in den heiligen Hain eingedrungen ist. Ein klarer Fall von verbotener Liebe, die ja wiederum ein klarer Fall für die Opernbühne ist.

Natürlich wird es am Ende dramatisch: Der freiwillige Liebestod der Lakmé, die aber gerade noch, bevor sie durch eine giftige Blume aus dem Diesseits scheidet, ihren Liebhaber vor der Rache ihres Vaters bewahren kann, habe der junge Brite doch bereits vom heiligen Wasser genippt, das in ihm alle Gefühle des Hasses und der Überlegenheit ersterben ließ. Moralisch mag uns das nun alles ziemlich fremd sein, und für manchen unter uns mag es sich gar um einen frevelhaften Fall der Übergriffigkeit handeln, auch kulturelle Aneignung genannt – zauberhaft schön aber bleibt es eben doch.

Zumal, wenn man dies alles noch in dem zauberhaften Saal der Rheinoper erleben darf. Der allerdings steht ja mit der Renovierung des Operngebäudes in Straßburg zur Disposition, gilt er doch nicht mehr als zeitgemäß. Nüchterne Betonsäle schienen unserem Zeitalter wohl eher angemessen zu sein. Doch wäre die Zerstörung der opulenten historischen Hallen nicht ebenso ein klarer Fall von kultureller Übergriffigkeit auf liebgewonnene Örtlichkeiten durch eine triste Moderne?

Bevor es ab 2026 mit dem Beginn der Renovierungsarbeiten soweit sein wird, lohnt sich der Ausflug aus dem Nachkriegsdeutschland, wo es so altehrwürdige Musentempel eher selten gibt, ins ferne und doch so nahe Elsass noch. Und ganz besonders zur Lakmé, ist dieses romantische Spitzenwerk auf deutschen Bühnen doch nicht allzu oft zu hören und zu sehen.

Lakmé – Oper von Léo Delibes

Nummernoper mit Ballett aus dem Jahr 1883

Dirigent: Guillaume Tourniaire

Regie: Laurent Pelly

OSM und Chor der OnR

Opéra Straßburg

DO 2. November, 20 Uhr
SA 4. November, 15
 Uhr
DI 7. November, 20 Uhr
DO 9. November, 20 Uhr
SO 12. November, 15 Uhr

La Filature Mülhausen

SO 26. November, 15 Uhr
DI 28. November, 20 Uhr

Tickets und Information: www.operanationaldurhin.eu

Weitere Veranstaltungen in der Rheinoper Straßburg:

Sur le traces de Heine“

Rezital mit Gerald Finley, Bariton
mit Liedern zu Texten von Heinrich Heine

DI 14. November, 20 Uhr

Chaplin“ – Ballett

8. bis 16. Dezember in der Opéra Straßburg

Das Adventsstück dieser Saison ist eine Wiederaufnahme des erfolgreichen Ballettstückes aus Leipzig aus dem Jahr 2010.

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