Zur Hölle mit ihm – Don Giovanni Teil 2 in der Rheinoper
Am Beginn der neuen Opernsaison steht, wie schon seit einem Jahrzehnt, ein zeitgenössisches Werk. Im Rahmen von MUSICA darf ein alter Festivalsbekannter nun auch die Bühne der schönen Rheinoper in eine musikalische Videoszenerie verwandeln.
(Michael Magercord) – In der allerletzten Szene von Mozarts Don Giovanni entlässt die aufgebrachte Schar den Titelhelden, der so gar nicht heldisch endet, in die Hölle. Arg schlimm, verheißt der Chor, wird es ihm dort ergehen. Dabei hätte er noch abschwören können von seinen durchnummerierten Sünden. Sein treu auflistender Buchhalter Leporello hatte ja die Abrechnung erstellt: 2064 Frauen aus so manchen Herren Ländern habe der feine Herr verführt. Dafür muss er büßen, vor allem deshalb, weil er partout nicht erkennen will, was an der Liebe Sünde sein soll. Im Gegenteil, er habe all die Damen in diesen Augenblicken aufrichtig geliebt und ihnen durch sein Begehren doch auch Freude bereitet. Sonst wären sie ja nicht so böse gewesen, dass er sie auch ebenso schnell, wie er sie flachlegte, wieder verlassen hatte.
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Auch wenn es vielleicht in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mal kurz eine enthemmte Phase gab, in der die Sicht auf die Sünde des Don Giovannis etwas milder gestimmt war, so sehen wir heutzutage wieder vollends ein, dass der ungenierte Liebhabende ein schlimmer Sünder war – und zwar gerade, weil er keine Einsicht in die Schwere seiner Missetaten zeigte. Ja, büßen muss er und zu seiner Verbrecherehrenrettung sei gesagt, dass er nicht die einzige Opernfigur ist, die die Bühne in Richtung Höllenschlund verlassen muss. Rameau oder Berlioz etwa haben ihre Protagonisten ebenso dorthin beordert.
Aber ist mit dem Abtritt in die Unterwelt wirklich die ganze Geschichte erzählt? Oh nein, denn nun beginnt die Phantasie mit uns zu spielen, denn wie – zum Teufel! – geht es eigentlich in der Hölle zu? Eine Frage, die wir vielleicht heutzutage wieder als offen bezeichnen können, wo doch so manches Mal das Irdische wie das leibhaftige Inferno in spé erscheinen muss?
Also ab in die wahre Hölle, und zwar auf den Spuren des Don Giovanni. Unter der Anleitung von Simon Steen-Andersen folgen wir mithilfe einer live und in Farbe aus der vermeintlichen Tiefe sendenden Videokamera dem Missetäter. Der Komponist und Videoinszenator aus Dänemark hatte sich ja schon in so manchen Schlund gewagt, erst im letzten Jahr hat er sich auf einer Straßburger Bühne mit seiner Kamera durch eine Tuba geschlängelt und die Zuschauer darin so manches Abenteuer miterleben lassen – wobei sich allerdings das Entsetzen meist in einem erlösenden Gelächter auflöste. Nun aber wird seine Kamera zur Höllenmaschine – und dann mal sehen, wie spaßig es dort drunten dem Don Giovanni wirklich ergeht…
Die infernalischste Maschine sei aber immer noch, so jedenfalls die Verheißung im Programmheft, das Theater selbst. Na dann: Auf in die Hölle! Solange uns noch in den kommenden drei Saisons die Möglichkeit gegeben ist, den Höllenritt in einem so schönen Theaterraum wie dem der Rheinoper zu Straßburg erleben zu dürfen, muss man sich darauf ganz besonders freuen. Denn noch ist es nicht ausgeschlossen, dass der prächtige Innenraum nach den ab 2026 anstehenden Renovierungsarbeiten dann tatsächlich durch radikale Umbaumaßnahmen in eine schnöde öde Vorhölle aus Beton verwandelt worden ist.
Don Giovanni in der Hölle – Opernspektakel von Simon Steen-Andersen
Musikalische Darbietung mit Videoinstallation im Rahmen des Festivals MUSICA
Welturaufführung
Dirigent: Bassem Akiki
Regie: Simon Steen-Andersen
OPS, Chor der OnR und Solisten des Ensembles Ictus
Opéra Straßburg
SA 16. September, 20 Uhr
SO 17. September, 15 Uhr
DI 19. September, 20 Uhr
DO 21. September, 20 Uhr
Weitere Veranstaltung in der Rheinoper:
La Belle Meunière
Rezital mit Huw Montague Rendall, Bariton
mit Schuberts Liederzyklus „Die Schöne Müllerin“
SA, 23. September, 20 Uhr
Nächste Opernaufführung:
Lakmé – Leo Debiles
ab 2. November in Straßburg und 26. November in Mülhausen
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