Telefonieren erlaubt – in der Rheinoper Straßburg

„Die menschliche Stimme“, ein Theaterstück von Jean Cocteau in der Vertonung von Francis Poulenc, angereichert mit einem Orchesterwerk aus Island, unterlegt mit exklusiv gedrehten Filmen - den Zuhörern und Zuschauern in der Rheinoper wird ab dem 18. Februar in einer guten Stunde gleichsam wenig und viel geboten.

Ist das Telefon wirklich ein Kommunikationsmittel? Oder bleiben es Selbstgespräche, wenn es genutzt wird, um sich einander die Meinung zu sagen? Ab 18. Februar läutet's jedenfalls in der Straßburger Rheinoper mit Klingeltönen von Francis Poulenc. Foto: Illustration von Laura Junger, OnR

(Michael Magercord) – In der Oper telefonieren, geht’s noch? Wird nicht vor jeder Aufführung dringlich darum ersucht, die Mobilgeräte abzustellen? Aber es kommt noch schlimmer, denn nichts ist unerträglicher, als nur eine Hälfte eines Telefonats mithören muss. Und dann noch in der Oper… Doch halt, wenn sich das alles da oben auf der Bühne abspielt, muss es sich doch wohl um das Stück handeln?

Ein Telefon, eine Frau, mehr braucht es nicht, um eine psychologisch dichte Geschichte auf die Bühne zu bringen. Was aber wird uns da erzählt von der nur einer Stimme an dem einen Ende der Strippe? Eine Liebesgeschichte, und natürlich eine unglückliche, bei der es offensichtlich noch etlichen Redebedarf gibt.

Die Szenerie: Eine verlassene Frau, die mit ihrem Ex telefoniert, der mit seiner Neuen zusammenleben will. Ja, da beginnt schon unsere Phantasie zu rattern, was es da wohl so alles zu besprechen gäbe. Und selbst, wenn jeder Stein dieser Beziehung noch einmal umgewendet würde, es bleibt trotzdem vieles unbesprochen. Was lässt sich offen sagen, was überhaupt in Worte fassen? Der Autor Jean Cocteau hatte sich im Jahr 1930 daran gemacht, aus dieser Situation ein Theaterstück für eine Schauspielerin zu schreiben. Fast dreißig Jahre später vertonte der Komponist Francis Poulenc das einstimmige Zwiegespräch. Keine schlechte Wahl, denn die Musik kann auch das Unausgesprochene in Hörbares umsetzen.

Diese Literaturoper entstand, als Telefone noch ziemlich neu waren und noch ortsfest an einer Leitung aus der Wand hingen. Was aber hätte sich mit dem Aufkommen des mobilen Smartphones mit all seiner visuellen Technik an dem Dialog geändert? Sprechen wir heute anders durchs Telefon als damals: offener, kompromissloser und emotionaler, oder doch auch durch vermeintliche Rücksichtnahme auf zunehmende Befindlichkeiten gleichsam kodierter, phrasenhafter und auf seine Weise verschlüsselter?

Diesen Fragen will sich diese neue Inszenierung der Regisseurin von Katie Mitchell in der Rheinoper stellen. Ein Mittel darin sind Videoeinspielungen mit einzig für diese Aufführung in Straßburg gedrehten Szenen aus dem Gefühlsleben der Protagonistin, die von der Sopranistin Patricia Petibon dargestellt wird, und die mit der Musik der isländischen zeitgenössischen Komponistin Anna Thorvaldsdottir unterlegt werden.

Ja, es darf ausnahmsweise einmal in der Oper telefoniert werden, und trotzdem gilt: vor der Aufführung Mobiltelefone unbedingt ausschalten!

Die menschliche Stimme - Literaturoper von Francis Poulenc aus dem Jahr 1959
Nach einem Roman von Jean Cocteau
Neuproduktion der Rheinoper Straßburg

Dirigentin: Ariane Matiakh
Regie : Katie Mitchell
OPS Straßburg

Opéra Straßburg
SA 18. Februar, 20 Uhr
MO 20. Februar, 20 Uhr
MI 22. Februar, 20 Uhr
FR 24. Februar, 20 Uhr
SO 26. Februar, 15 Uhr

La Filature Mülhausen
SO 13. März, 15 Uhr
DI 14. März, 20 Uhr

Tickets und Information: www.operanationaldurhin.eu

Rezital – „L’amour et la mer“
Der Tenor Benjamin Bernheim mit Klavierbegleitung von Carrie-Ann Matheson
Lieder von Brahms, Chausson und Duparc
DI 21. Februar, 20 Uhr in der Opera Straßburg

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste