Make love, not borders…

Ab sofort soll es Erleichterungen für deutsch-französische Familien und unverheiratete (!) Liebespaare beim Grenzübertritt geben – die Brücken werden geöffnet, aber die Kontrollen gehen weiter.

Auch diese Absperrung verschwindet nun - doch die Grenze bleibt weiter geschlossen. Foto: (c) Stadt Kehl / A. Lipowsky

(KL) – Die Nachricht klingt nett und beweist, falls das noch nötig sein sollte, dass sich die lokalen und regionalen Politiker*innen auf beiden Seiten des Rheins dafür einsetzen, dass die Grenzschließung zwischen Frankreich und Deutschland möglichst schnell aufgehoben und bis dahin erleichtert werden soll. Nur – vieles von den neuen Ankündigungen ist „politische Kommunikation“ und einiges der „Erleichterungen“ dürfte auch schnell wieder einkassiert werden. Und vor allem darf man eines nicht vergessen – die Grenze ist nun bis mindestens 15. Juni in der anderen Richtung geschlossen, weswegen die „Erleichterungen“ auf der deutschen Seite eben nicht viel mehr als wohlmeinende Kommunikation sind.

Seit heute Nacht werden also die deutschen Grenzkontrollen zwischen Kehl und Frankreich gelockert. In erster Linie, so die offiziellen Erklärungen, betrifft das Familien, die sich auf beide Rheinseiten verteilen. Was die offiziellen Stellen allerdings nicht sagen, ist dass diese Regelung bereit durch eine Verordnung seit dem 12. April in Kraft ist – nur haben sich die Beamten der Bundespolizei in vielen Fällen nicht an diese Verordnung gehalten. Das kann man ihnen noch nicht einmal zum Vorwurf machen, denn sie mussten den Begriff „aus triftigem Grund“ für gewünschte Grenzübertritte spontan vor Ort entscheiden – begleitet von der Angst, einen Fehler zu machen und Ärger mit den Vorgesetzten zu bekommen. Ganz neu ist also die Ankündigung nicht, es gibt die entsprechende Verordnung seit über einem Monat.

Neu ist dagegen, dass sich auch unverheiratete Liebespaare ohne gemeinsamen Wohnsitz wieder treffen können. Make love, not borders… Das ist nett von der deutschen Seite, allerdings muss die Praxis zeigen, wie sich die französischen Grenzbeamten verhalten werden, denn Prozessionen von unverheirateten Liebenden wieder nach Frankreich einreisen wollen und tütenweise Tabakwaren mit sich führen. Laut der Kommunikationen sollen jetzt wieder Familien wichtige Familienfeste gemeinsam feiern oder Angehörige im Altersheim auf der anderen Rheinseite besuchen können. Wer keinen solchen „triftigen Grund“ hat, dem bleibt der Grenzübertritt allerdings weiterhin verwehrt.

Da die Grenze aber faktisch immer noch für all diejenigen geschlossen bleibt, die nicht auf der anderen Rheinseite arbeiten oder eben einen solchen, juristisch nicht definierten „triftigen Grund“ haben, fährt auch die Tram bis auf weiteres nicht über den Rhein. Dafür werden die „Passerelle des deux Rives“ und der Fuß- und Radweg über die Trambrücke geöffnet, wobei die Bundespolizei dort genauso kontrollieren wird wie an der Europabrücke. Kurz – es wird sich nicht viel ändern, die Grenze ist und bleibt geschlossen.

Interessant ist allerdings, dass sich nun die hohe Politik in beiden Ländern als die großen „Grenzöffner“ präsentieren. Der französische Innenminister Christophe Castaner und sein deutscher Amtskollegen Horst Seehofer haben sich, wie die Präfektur der Région Grand Est in einer Pressemitteilung berichtet, sowohl auf diese „Erleichterungen“ als auch auf den 15. Juni als angedachten Zeitpunkt für eine „echte“ Grenzöffnung verständigt. Natürlich unter der Voraussetzung, dass die Coronakrise nicht wieder neue Fahrt aufnimmt oder es zu anderen Zwischenfällen kommt.

In jedem Fall müssen diejenigen, die von diesen „Erleichterungen“ profitieren wollen, eine Genehmigung ausdrucken und ausfüllen, um seinen „triftigen“ Grund an den Polizeikontrollen auf beiden Ufern nachzuweisen. Das entsprechende Formular findet man unter DIESEM LINK oder unter DIESEM LINK.

Und unter dem Strich bleibt, trotz aller Bemühungen der lokalen und regionalen Politik, die traurige Erkenntnis, dass die Grenze nach wie vor geschlossen ist und bleibt. Und je länger dies dauert, desto mehr steigen die Ressentiments in beide Richtungen. Diese wieder zu reparieren, wird lange Zeit dauern. Aber das kümmert die Herren Castaner und Seehofer vermutlich wenig – an der Reparatur der Schäden, die sie in unserer Region anrichten, werden sich diese beiden sicher nicht beteiligen.

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