Senat: Frankreich entdeckt seine eigenen Institutionen

Im Rahmen der Debatte um die französische Gebietsreform werden sich die Franzosen langsam darüber klar, dass sie eine zweite Kammer haben, den Senat, der eigentlich niemandem nützt.

Der Palais du Luxembourg, Sitz des französischen Senats. Eigentlich überflüssig, aber die Kinder können hier so schön spielen... Foto: DeuxL / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – So, jetzt hat auch der französische Senat noch eine Lesung des Gesetzentwurfs zur geplanten Gebietsreform gehabt, wie bereits zuvor hat sich dieser Senat mit großer Mehrheit für eine Frankreichkarte mit 15 Regionen entschieden (darunter auch eine eigene Region Frankreich, 173 Stimmen dafür, 40 dagegen) und am heutigen Mittwoch wird das französische Parlament, die Assemblée Nationale, zum letzten Mal darüber zu entscheiden haben, wie die Reform tatsächlich vonstatten gehen soll. Und das werden vermutlich die 13 Regionen sein, darunter die allseits ungeliebte ostfranzösische Region Elsass-Lothringen-Champagne-Ardenne. Und plötzlich entdecken die Franzosen ihren Senat, eine zweite Kammer, deren Funktion eigentlich vor allem darin besteht, anderswo nicht mehr benötigten Politikern auf einem warmen, roten Samtsessel den Hintern zu wärmen. Außer ein wenig Öffentlichkeitswirksamkeit verursacht dieser Senat nur eines – hohe, überflüssige Kosten.

Der französische Senat ist im Grunde eine Art privilegierte Beobachtungseinrichtung der französischen Politik. Er kann sich äußern, er kann sogar das Parlament zwingen, ein bereits abgestimmtes Gesetzesvorhaben erneut zu diskutieren und erneut darüber abzustimmen, doch mitentscheiden darf der Senat nicht. Was nun eben die nicht unberechtigte Frage aufwirft, warum man sich dann überhaupt einen Senat leistet.

Der sozialistischen Regierung dürfte es herzlich egal sein, was der Senat so denkt, worüber und wie er abstimmt und ob er eine eigene Region Elsass will oder nicht. Denn das Konzept „Macht“ hat in Frankreich eine andere Bedeutung als anderswo. In Frankreich sind Politiker nicht die ausführenden Organe des Bürgerwillens, sondern sie herrschen über ihr Volk. Und zwar auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Wer die Macht hat, ist der Silberrücken und die anderen haben zu kuschen. Das ist eben die V. französische Republik. Die grundsätzlich um einen omnipotenten, zentralistischen Staat aufgebaut ist, dessen Denkweise und Ausrichtung sich seit den Zeiten Napoleons kaum verändert hat.

Ja, der Senat würde gerne eine eigene Region Elsass sehen und auch die Regionen Midi-Pyrénées und das Languedoc-Roussillon wieder auftrennen. Dafür hat man im Senat ja schließlich abgestimmt. Doch in der Wirkung hätte man auch die Gäste des Bistros nebenan abstimmen lassen können, die haben letztlich genauso viel oder wenig zu entscheiden.

Und damit schlägt heute im französischen Parlament der Gong für die letzte parlamentarische Hürde für diese Gebietsreform, bevor die nächste Runde vor dem Verfassungsgerichtshof losgeht, den die Parlamentarier mit Sicherheit anrufen werden. Das wiederum ist ein wenig wie in Deutschland, wo die richtig wichtige Politik auch schon längst nicht mehr von den Parlamenten, sondern letztlich vom Bundesverfassungsgericht gemacht wird. Doch sind die Chancen hoch, dass auch das nichts nützen wird. Frankreich ist auf dem Weg zu dieser Gebietsreform und nach wie vor kümmert man sich im Elsass nicht darum, wie diese neue Region ideal für das Elsass ausgestaltet werden kann, wie man wirklich die Verwaltung modernisieren und effizienter gestaltet. Stattdessen demonstriert man weiter, mit Kirchenglockengebimmel (das man in Paris kaum hören wird) und kleinen Demonstrationen von um die 2500 in weiß und rot gekleideten Elsässern, die diese überschaubaren Märsche als „Volksbewegung“ verkaufen wollen.

So oder so – der heutige Mittwoch ist der Tag der letzten Abstimmung im Parlament und viele Franzosen merken, dass die Verwaltungsreform auch mit der Abschaffung einer völlig überflüssigen und sinnlos teuren Institution beginnen könnte – dem französischen Senat.

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