“Servus, Grüezi & Hallo” in Argentinien

Ein unterstützenswertes Fotoprojekt zu den Überresten deutscher Kultur dokumentiert 200 Jahre Auswanderung nach Argentinien.

Nachfahren deutscher Auswanderer in Argentinien. Foto: Manzano / Engelhardt.

Die Fotografiestudenten der Bauhaus-Uni in Weimar Alexia Manzano und Frédéric Engelhardt machen sich für Ihre Abschlussarbeit auf die Suche nach Spuren deutscher Einwanderer in Argentinien. Auf einer fünf Monate langen Reise, mehrere tausend Kilometer durch das südamerikanische Land, sind die beiden an vielen verschiedenen Orten fündig geworden.

Sogar Schwarzwaldhäuser gibt es in Argentinien. Nur wenige der ausgewanderten Menschen haben dabei eine Nazi-Vergangenheit, wie man vermuten könnte. Zu vielschichtig ist die Geschichte der Einwanderer. Zum Beispiel gibt es neben der so genannten ‘Nazi-Generation’, die nach 1945 in das Land kam, auch zahllose jüdische Flüchtlinge aus der Zeit vor 1945, Wolgadeutsche, Deutsch-Brasilianer und Inflations-Flüchtlinge nach dem Ersten Weltkrieg. Viele der Einwanderer haben eigene Dörfer gegründet und bis heute ihre deutschen Traditionen beibehalten.

In den dokumentarischen Fotografien der Argentinierin Alexia Manzano und des Freiburgers Frédéric Engelhardt finden sich das heutige Leben, der Alltag und übriggebliebene Traditionen und Bräuche deutscher Auswanderer in Argentinien lebendig dokumentiert. Um diverse Reisen in und nach Argentinien sowie  Filmentwicklungen, Ausstellungsdrucke, Bilderrahmen und die Produktion eines Buches in Kleinauflage zu finanzieren, betreiben die beiden interkontinentalen Kultursammler eine Sammelaktion für kleine Geldbeträge auf der Crowdfunding-Plattform “Startnext“.

Ein typisch bayerisches Haus? Ja, aber es steht in Argentinien. Foto: Manzano / Engelhardt.

Ein typisch bayerisches Haus? Ja, aber es steht in Argentinien. Foto: Manzano / Engelhardt.

Hier beschreiben sie ihr Projekt: “Wir machen uns auf die Suche nach deutschen Einwanderern und deren Nachfahren in Argentinien. Dazu reisen wir tausende Kilometer durch das Land, von Buenos Aires in die Provinzen Córdoba und Entre Ríos, in das Innere des Landes, nach Mendoza und nach Patagonien. In einer ersten Reise Anfang des Jahres haben wir typisch Deutsches gefunden: Tanzgruppen, Heimatvereine, Dackel, Schäferhunde und Gartenzwerge. Und Menschen, die immer noch gerne ihre Trachten tragen. Auf den ersten Blick ein abschreckendes Bild, doch haben wir auf der Reise gelernt zu differenzieren. Denn, in dem riesigen Land Argentinien, das sich fundamental von Deutschland unterscheidet, gelten andere Regeln. Die Erinnerung an die Heimat begleitet die Eingewanderten ihr ganzes Leben und hinter jedem Neuanfang steht meist ein tragisches Ereignis in der Vergangenheit.”

Genau das halten die beiden Studenten fotografisch fest: Wie sich die deutsche Kultur in den Menschen, der Landschaft und Architektur über die Jahre hinweg konserviert hat. Mit jeder nachkommenden Generation gehen mehr der alten Werte verloren, und es entstehen interessante Mischungen. Für die beiden Forscher ist ihr Projekt auch eine Reise in die Vergangenheit unseres Landes. Eine Dokumentation konservierter Kultur aus einer anderen Zeit bereichert die Gesellschaft, indem sie deutlich macht, in welchem Ausmaß sich diese inzwischen weiterentwickelt hat und aus welcher Richtung sie einst gekommen ist.

Das Projekt ist zudem aktuell, da auch heute viele Menschen aus verschiedenen Gründen auswandern, um zu studieren, wegen eines Jobs oder aus Umweltgründen. Historisch und soziologisch gesehen ist das Projekt auch deshalb hochinteressant, weil es aufzeigt, mit welchen Problemen Einwanderer gesellschaftlich und psychologisch zu kämpfen haben.

Alexia und Frédéric sind Studenten der visuellen Kommunikation mit dem Schwerpunkt Fotografie an der Bauhaus-Universität in Weimar. Alexia ist in Mendoza, Argentinien, geboren und aufgewachsen. In Buenos Aires hat sie drei Jahre studiert, bevor sie 2009 nach Deutschland kam. Frédéric stammt aus Freiburg im Breisgau und zog mit sechzehn Jahren nach Hamburg, um dort sein Abitur zu machen. Beide studieren seit Oktober 2010 in Weimar.

Alexia Manzano und Frédéric Engelhardt. Foto: privat

Alexia Manzano und Frédéric Engelhardt. Foto: privat

Die Inspiration für das Projekt kommt nicht zuletzt aus den sich kreuzenden Familiengeschichten der Beiden: Alexias Großvater ist Deutscher und als 14-Jähriger mit seiner Familie nach Argentinien ausgewandert. Er lebt immer noch dort, so wie fast alle seiner Kinder. Frédérics Großeltern sind in den Sechziger Jahren ebenfalls nach Argentinien ausgewandert, um in der kleinen Stadt Mercedes eine Hühnerfarm aufzubauen. Nach sechs Jahren beendete jedoch eine Geflügelpest den Auswanderertraum und der Familie blieb nur die Rückkehr nach Deutschland. Drei Onkel von Frédéric wurden in Argentinien geboren.

Mit kleinen Geldspenden lassen sich die beiden Studenten nun gern unter die Arme greifen; deutlich mehr als die Hälfte des angepeilten Förderbetrags in Höhe von 3.000 Euro haben sie schon zusammen. Und da es für jede Zuwendung auch ein “Goody” gibt, könnte die geplante Ausstellung in absehbarer Zeit vielleicht sogar in Frédéric Engelhardts Heimat, also hier im Dreiländereck, zu sehen sein. Hier geht es zur Unterstützerseite:

https://www.startnext.de/servus-grueezi-und-hallo

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