So „bekämpft“ Frankreich die Korruption…

Die französische Regierung hat der NGO „Anticor“ die Gerichtszulassung entzogen. „Anticor“ steht für „Anti-Corruption“ und die NGO hat wohl etwas zu erfolgreich Korruptionsfälle aufgedeckt.

Statt die Korruption zu bekämpfen, bekämpft die französische Regierung lieber diejenigen, die gegen die Korruption kämpfen. Foto: Kiwiev / Wikimedia Commons / CCO 1.0

(KL) – Der Ärger begann im Juni 2023, als das Verwaltungsgericht Paris die Gerichtszulassung der NGO Anticor aufhob, die der damalige Regierungschef Jean Castex 2021 für drei weitere Jahre erteilt hatte. Die endgültige Entscheidung musste von der Regierung getroffen werden, die dafür bis zum 27. Dezember Zeit hatte. Zu Weihnachten übertrug die heutige Regierungschefin Elisabeth Borne den Fall an ihre Außenministerin Catherine Colonna, die den einfachsten Weg ging – sie reagierte nicht und das bedeutet, dass es bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Paris bleibt – Anticor hat seine Gerichtszulassung verloren.

Das bedeutet, dass die NGO in Korruptionsfällen nicht mehr als Nebenklägerin auftreten kann und insbesondere nicht mehr aktiv werden darf, wenn die Staatsanwaltschaft Korruptionsfälle unter den Teppich kehrt und einfach nicht oder nur unzureichend bearbeitet. Denn ganz offensichtlich war die Arbeit in den Fällen, in denen Anticor aktiv war, zu gut und diese Fälle betrafen zumeist hohe Beamte und Regierungsmitglieder. Der Verlust der Gerichtszulassung bedeutet auch, dass Anticor in laufenden Verfahren keine Akteneinsicht mehr erhält und Verfahren nur als Zuschauer verfolgen kann.

Das Argument, das zum Verlust dieser Gerichtszulassung führte, war eine angebliche fehlende Transparenz der Finanzen der als Verein organisierten NGO. Bereits frühzeitig hatte Anticor erklärt, diesen Bereich neu organisieren zu wollen, doch das war den Gerichten und der Regierung zu wenig und die Gelegenheit, Anticor mundtot zu machen, war einfach zu verlockend. Denn eine NGO, die der Korruption auf höchster Ebene auf der Spur ist, das stört in den samtenen Palästen der Macht in Paris sehr.

Natürlich, so hört man in Paris, kann Anticor auch weiterhin Klage erheben und aktiv sein. Natürlich, denn das ist das Recht jedes Bürgers und niemand kann verbieten, dass Anticor Klage erhebt. Nur, sobald Anticor eine Klage einreicht, bleibt die NGO vom weiteren Verfahren ausgeschlossen, kann eben keine Nebenklägerin mehr sein, die Akten nicht einsehen, die Staatsanwaltschaft nicht zur Bearbeitung des Falls zwingen. Und somit hat die Regierung der NGO Anticor die Flügel gestutzt.

In mehr als 160 Dossiers war Anticor bisher aktiv, beispielsweise der Vergabe der Fussball-WM 2022 nach Katar, dem Amtsmissbrauch des Generalsekretärs des Präsidentenpalastes Alexis Kohler oder auch in der Affäre des Justizministers Eric Dupond-Moretti, um nur diese Beispiele zu nennen. Und da man in den Pariser Palästen der Macht gerne seine Geschäfte fernab von neugierigen Augen abwickelt, störte eine NGO wie Anticor natürlich.

Anticor wird alle Rechtsmittel ausschöpfen, um diese Entscheidung anzufechten. Doch der Schaden ist bereits angerichtet – wer soll noch einer Regierung vertrauen, die einer NGO die Flügel stutzt, die aktiv gegen die Korruption arbeitet? Klar, aus den Pariser Machtzentren hört man heute Sätze wie „glauben Sie uns, wir werden auch weiterhin sehr aktiv gegen die Korruption kämpfen“. Sollen wir das wirklich glauben? Latürnich…

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