So kann man auch Sozialpolitik machen
Nach der Absenkung des Wohngelds um 5 € pro Monat, hat Präsident Emmanuel Macron eine gute Idee: Er will den Schwarzen Peter einfach den Vermietern zuschieben. Ob die mitmachen, ist fraglich.
(KL) – Sie staunten nicht schlecht, die Präfekten, die sich am Dienstag zu einem Treffen mit ihrem obersten Chef im Elysee-Palast eingefunden hatten. Präsident Emmanuel Macron, der erst vor kurzem die von ihm selbst beschlossene Senkung des Wohngelds (APL) um 5 € pro Monat als „unsäglichen Blödsinn“ bezeichnet hatte (wobei er allerdings vergaß zu erwähnen, warum er diesen „unsäglichen Blödsinn“ dann nicht rechtzeitig gestoppt hatte), präsentierte eine Idee, um für die Betroffenen für einen Ausgleich zu sorgen.
Doch wer erwartet hatte, dass er die Senkung des Wohngelds einfach zurücknimmt, oder den Ärmsten der Armen einfach so 5 € im Monat spendiert, der sah sich getäuscht. Emmanuel Macron will diejenigen zur Kasse bitten, die nicht behaupten können, dass sie kein Geld hätten – nämlich die Vermieter. „Ich rufe öffentlich alle Vermieter auf, die Mieten um 5 € zu senken“, sagte Mcron und schob damit seinen Einschnitt in die soziale Absicherung eben dem privaten Sektor in die Schuhe.
Jetzt könnte man sagen, dass es sich ja „nur“ um 5 € im Monat handelt und dass damit eine Art Ausgleich zwischen den Wohlhabenden und den Nicht-Wohlhabenden geschaffen wird. Auf den ersten Blick stimmt das ja auch. Dass diejenigen, die so reich sind, dass sie Immobilienbesitz an Dritte vermieten können, den Ärmsten 5 € im Monat spendieren, das hat eine gewisse Logik. Doch das Vorgehen ist dennoch höchst seltsam.
Die Kosten für eine politische Entscheidung dem privaten Sektor aufzubürden, damit schafft Macron einen Präzedenzfall, der noch weite Kreise ziehen könnte. Mit der gleichen Logik könnte man Bahnreisende der 1. Klasse dazu verdonnern, bei jeder Fahrt die Fahrpreise in der 2. Klasse mit 5 € zu subventionieren.
Dass die Reichtümer der Gesellschaft anders verteilt werden müssen, um eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen, darüber herrscht quer durch alle politische Lager ein Konsens. Doch kann so etwas nur im Rahmen einer gesellschaftlichen Debatte unter Einbeziehung aller Interessensgruppen passieren und nicht etwa per Befehl von oben.
Für die Anhänger von Macron wird es immer schwieriger, dessen offenbar ziemlich planlosen Kurs zu verteidigen. Der sich selbst gern als „jupitergleich“ bezeichnende Macron spricht kaum noch mit den Medien, was ein Sprecher damit begründete, dass die meisten Journalisten nicht in der Lage wären, dessen komplizierte Gedankengänge zu verstehen, er trifft seltsame Entscheidungen und wird nun im Herbst das Arbeits- und Sozialrecht Frankreichs auf die Hörner nehmen. Die Gewerkschaften bereiten sich schon auf einen heißen Herbst vor und viele Franzosen fragen sich, ob sie tatsächlich den richtigen Präsidenten gewählt haben. Doch das Drama ist, dass am Ende als Alternative nur die Rechtsextreme Marine Le Pen als Alternative bereitstand. Und vor der Wahl zwischen Pest und Cholera haben sich die Franzosen dann eben für das vermeintlich kleinere Übel entschieden. Schade, dass kein Journalist die Gelegenheit bekommt, „Jupiter“ eine einfache Frage zu stellen: „Wenn Sie selbst die Senkung des Wohngelds als ‚unsäglichen Blödsinn‘ bezeichnen, warum haben Sie diese Maßnahme dann nicht einfach gestoppt?“. Eine Frage, die sich heute sicher auch die Vermieter in Frankreich stellen…
Politique de classe malheureusement tout à fait prévisible et finalement attendu (cf la défiance historiquement rapide vis à vis de Macron), étant donné le profil socio-professionnel de l’exécutif et des députés LREM…
2017 : reculer pour mieux sauter (dans le mur)?