Sonntagabend mit der Familie

Das deutsch-französische Spitzentreffen zwischen François Hollande und Angela Merkel am Sonntagabend in Straßburg hatte etwas von einem Besuch bei der Familie. Angenehm normal.

Gutes Essen, gute Gespräche - die Achse Paris-Berlin scheint zu funktionieren. Foto: (c) Présidence de la République / C. Alix

(KL) – Der französische Präsident und Bundeskanzlerin treffen sich gerne. Auch mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz. Nicht nur, dass alle drei offenbar die elsässische Küche schätzen, dazu können sie in dieser Konfiguration auch einmal in Ruhe sprechen. Ohne, dass osteuropäische Nationalisten stören, ohne dass der britische Premier David Cameron die Anwesenden erpressen kann, ohne, dass die Kanzlerin sich mit der Kritik ihrer Parteifreunde und politischen Gegner herumschlagen muss und ohne, dass der französische Präsident auf die Umfrageergebnisse schielt – Sonntagabend in Straßburg, das ist ein Termin, den alle Beteiligten gerne wahrnehmen.

So auch am Sonntagabend. Da trafen sich François Hollande, Angela Merkel und Martin Schulz im Restaurant „Au Pont Corbeau“ und konnten in Ruhe miteinander sprechen. Ein paar versprengte Gegner der Gebietsreform, ein paar Autonome – dieser Besuch mobilisierte nicht die Massen. Warum auch? Wenn sich der französische Präsident und die Bundeskanzlerin zum Gedankenaustausch treffen, dann ist das ja kein „Gipfel“, sondern ein Treffen. Gewollt informell, gewollt familiär, und die dabei vermittelte Symbolik ist wichtiger als „Ergebnisse“, die bei so einem Treffen ohnehin nicht anstehen.

Es geht bei diesen Straßburger Treffen, die eine gewisse Regelmäßigkeit bekommen, vor allem darum, die Solidität und Entschlossenheit der Achse Paris-Berlin zu demonstrieren. Ein Signal, das für den Rest Europas wichtig ist, denn angesichts des scheibchenweisen Zusammenbruchs des institutionellen und politischen Europas ist es wichtig, dass man in ganz Europa versteht, dass sich die beiden Länder austauschen, im permanenten Dialog stehen und gemeinsam nach europäischen Lösungen suchen, in einer Zeit, in der Großbritannien die EU erpresst, verschiedene Länder Osteuropas gerichtlich gegen die europäische Solidarität vorgehen und nicht mehr viel so funktioniert, wie es sich die 500 Millionen Europäerinnen und Europäer wünschen.

Die Themen, über die gesprochen wurde, schreiben sich heute von selbst auf die Tagesordnung: Die Flüchtlingsfrage, der „Brexit“, der Besorgnis erregende Anstieg der Rechtsextremen in zahlreichen Ländern – Themen gibt es zwischen beiden Ländern wahrlich genug.

Dass es nach einem solchen Treffen kein groß angekündigtes Ergebnis gibt, das ist normal. Bemerkenswert ist dennoch, dass die beiden inzwischen regelmäßig nach Straßburg kommen. Hierbei schuldet die Stadt dem Parlamentspräsidenten Martin Schulz Dank, denn mit diesen Treffen gewinnt die Stadt einmal mehr ein internationales Standing, als Ort der deutsch-französischen Treffen. So ist es und so sollte es auch bleiben. Denn eines ist klar – ohne ein starkes deutsch-französisches Verständnis wird in Europa schon bald gar nichts mehr funktionieren.

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