UMP und Sarkozy: Was ist nur in der französischen Politik los?

Nachdem der Rückkehrer Nicolas Sarkozy wieder zum Vorsitzenden der konservativen UMP gewählt wurde, zeichnet sich für 2017 ein Dreikampf Hollande - Sarkozy - Le Pen ab.

Wann will Nicolas Sarkozy eigentlich das Präsidentenamt ausüben? Zwischen zwei Gerichtsterminen?? Foto: Guillaume Paumier / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Business as usual, möchte man sagen, nachdem Nicolas Sarkozy wieder zum Vorsitzenden der französischen Konservativen gewählt wurde. Angesichts der Schwäche der UMP, in der sich die Fillon, Copé oder Le Maire gegenseitig versuchten, die Butter vom Brot zu stehlen, wird „Bling-Bling“ Sarkozy von den französischen Rechten als eine Art Heilsbringer betrachtet. Was nach seiner ersten Amtszeit und angesichts seiner nicht enden wollenden Justizskandale eigentlich ziemlich irrational ist.

Dass es in Frankreich bei der Präsidentschaftswahl 2017 zu einem Remake der letzten Wahlen kommen wird, scheint im Land der Liebe, des Rotweins und des Käses niemanden groß zu interessieren. Präsident Hollande ignoriert weiter tapfer seine Umfragewerte, die ziemlich eindeutig besagen, dass man sich in Frankreich eher die Beulenpest als eine zweite Amtszeit des Präsidenten wünscht, der inzwischen nicht nur bei den Konservativen als der schwächste Präsident der V. Französischen Republik gilt. Und gleichzeitig hat der rechtsextreme Front National des Familienclans Le Pen nach wie vor Hochkonjunktur – das abwechselnde Versagen von Rechten und Linken treibt Marine Le Pen die Wähler in die Arme.

Insofern könnte das „Remake“ 2017 bereits nach dem ersten Wahlgang enden. Denn eine Stichwahl zwischen Sarkozy und Hollande ist zumindest nach den aktuellen Umfragen die unwahrscheinlichste Option. Wesentlich wahrscheinlicher ist ein zweiter Wahlgang zwischen Nicolas Sarkozy und Marine Le Pen und so, wie sich die Lage entwickelt, darf man nicht mehr damit rechnen, dass ein „republikanischer Elan“ die Franzosen gegen Rechtsaußen zusammenschweißt, wie es 2002 der Fall war, als der Sozialist Lionel Jospin im ersten Wahlgang bei 12 Komma nochwas Prozent hängen bliebt und Jacques Chirac in der Stichwahl gegen den knorrigen Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen antreten musste. Damals wählte fast ganz Frankreich (88 %) zähneknirschend Jacques Chirac, um einen Präsidenten Le Pen zu verhindern, doch darauf sollte man sich 2017 lieber nicht verlassen.

Im Grunde ist es jämmerlich, dass die französischen Parteien es einfach nicht schaffen, sich an Sachthemen zu orientieren, sondern Politik fast ausschließlich als eine Spielwiese für persönliche Ambitionen ausgestalten. Niemand kann einem ernsthaft weismachen, dass es in den französischen Parteien wirklich keine besseren, schlaueren, moderneren, unverbrauchteren und glaubwürdigeren Kandidaten und Kandidatinnen als diese drei gibt, von denen Marine Le Pen die einzige ist, die das Amt des Präsidenten noch nicht in den Sand gesetzt hat.

Doch die Platzhirschen der Parteien haben eine derartige Macht in Frankreich, dass sie den Weg zu einem politischen Neuanfang tatsächlich blockieren können. Und wenn dann mal ein neues politisches Talent auftaucht, dann stolpert es entweder über Sexskandale (Dominique Strauss-Kahn), über Skandale in der Innenpolitik (Bernard Cazeneuve), Korruptionsaffären (Kader Arif) oder geheime Auslandskonten (Jérome Cahuzac) – und so bleibt alles beim alten.

Im Grunde entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn sich heute ein Nicolas Sarkozy, der hoch und heilig versprochen hatte, nie wieder in die Politik zu kommen, nachdem ihn die Franzosen 2012 aus dem Amt gejagt hatten, als „neue politische Alternative“ präsentiert. Und geradezu beunruhigend ist, dass 64,5 % der UMP-Mitglieder dies wohl auch glauben, denn sonst hätten sie ihn nicht wieder zum Parteivorsitzenden gewählt, dem die Option offen steht, 2017 erneut für das oberste Staatsamt zu kandidieren. „Die neue politische Alternative“?! Das darf doch wohl nicht wahr sein…

Die rechte UMP hat mit der Wahl Sarkozys eine große Chance verpasst. Denn mit dem Kandidaten Bruno Le Maire stand tatsächlich eine Alternative zur Wahl, doch lediglich knapp 29 % der UMP-Mitglieder wollten ihm ihre Partei anvertrauen. Offensichtlich hat man in Frankreich mehr Angst vor Neuerungen als davor, die gleichen Fehler immer und immer wieder zu machen.

Dass man ganz nebenbei den rechtsextremen Front National stärkt, scheinen die traditionellen Parteien in Frankreich immer noch nicht zu merken. Richtig mitbekommen werden sie es am Morgen nach dem zweiten Wahlgang 2017, wenn sie sich plötzlich darüber klar werden, dass Frankreich in die Hände der Rechtsextremen gefallen ist, die Europa von innen aushöhlen wollen, die dann wieder ihre xenophoben Neigungen austoben werden, die Frankreich aus dem Euro herauslösen und die Grundlagen für die nächsten kontinentalen Krisen schaffen werden.

Dabei wäre es so einfach. Würden sich die französischen Parteien nur trauen, diejenigen abzuwählen, die seit Jahren für den Abschwung Frankreichs sorgen, sich dabei selbst im Licht ihrer persönlichen Macht sonnen – und sie durch neue politische Kandidaten ersetzen. Doch diese Wunschvorstellung ist in Frankreich nicht durchsetzbar – stattdessen will Sarkozy ein „Kollegium der ehemaligen Premierminister“ als Berater des Präsidenten einführen. Dominique de Villepin hat schon seine Bereitschaft signalisiert, in so einem Gremium mitzuwirken. Was dann wohl zur Folge haben soll, dass künftig die Sitzungen der Berater des Präsidenten im Altersheim tagen werden. Aber nur, wenn die Franzosen wirklich so viel Humor haben sollten, den Louis de Funès der französischen Politik erneut zum Staatschef zu machen.

Ob man sich in Europa über die Entwicklung der Politik in Frankreich Sorgen macht? Um sich keine Sorgen zu machen, müsste einem Frankreich, Europa und die Politik schon vollständig egal sein…

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