Straßburg: Für mehr Miteinander in der Gesellschaft

Roland Ries und Jean-marc Todeschini gestern in Strassburg - nur zusammen geht es voran. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Frankreich hat tatsächlich noch ein Ministerium für Kriegsveteranen und folglich auch einen entsprechenden Minister. Dieser war gestern in Straßburg, nachdem er zusammen mit OB Roland Ries den französischen Präsidenten François Hollande in Sarre-Union getroffen hatte, wo sich die fast gesamte französische Politikprominenz auf dem verwüsteten jüdischen Friedhof versammelt hatte.

Bei ihrem danach folgenden Termin im Straßburger Hôtel de Ville überzeugte vor allem Roland Ries – der nicht nach Strafe für die fünf jugendlichen Täter von Sarre-Union hechelte, sondern forderte, man müsse gesellschaftlich in die Tiefe gehen und in Familie und Schule ein Gespür dafür schaffen, was geht und was eben nicht geht. „Wir müssen den Jugendlichen vermitteln, dass es Dinge gibt, die heilig sind. Denn Akte des Vandalismus wie in Sarre-Union sind die Negierung aller zivilisatorischen Errungenschaften.“ Da hat Ries vollkommen Recht – die Dinge, die uns momentan erschrecken, sind Auswüchse einer Gesellschaft, in der sich niemand mehr um niemanden kümmert und eine Jugend heranwachsen lässt, der keine Werte vermittelt werden.

Auch Minister Todeschini ging in seiner Ansprache in die gleiche Richtung – „für ein Zusammenleben in der Republik müssen alle näher zusammenrücken“, sagte er, wobei er allerdings nicht sagte, wie das geschehen solle. Das übernahm dafür wieder Roland Ries, indem er auf die „Bürgerkonferenzen“ einging, die Straßburg gerade organisiert und deren erste Ergebnisse bereits am Donnerstag präsentiert werden sollen. „Es geht darum, eine neue Art des Zusammenlebens zu finden“, sagte Ries und dass er dabei auch eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft in diese gesellschaftliche Debatte organisiert hat, ist das momentan in Frankreich wohl stärkste Zeichen für den Willen, nicht nur betroffen zu reden, sondern wirklich zu handeln.

Der Besuch von Minister Todeschini diente allerdings nicht nur der Bestandsaufnahme aktueller gesellschaftlicher Probleme in Frankreich, sondern eben auch seiner Klientel, den Kriegsveteranen. Auch zu diesem Thema wurde in Straßburg schon Geschichte geschrieben – indem die von Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt ins Leben gerufene Stiftung Entente Franco-Allemande (FEFA) die im II. Weltkrieg zwangsrekrutierten Elsässer und Mosellaner entschädigte und somit deren Status als Kriegsopfer festschrieb.

Wie dringlich es ist, einen gesellschaftlichen Wandel herbei zu führen, sieht man momentan täglich – nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa. In Straßburg hat man mutig begonnen, sich mit den Wurzeln der Probleme auseinander zu setzen, statt immer nur an den Symptomen herum zu doktern. Hoffentlich bleiben die Rufe nicht ungehört. Es muss etwas geschehen – jetzt.

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