Und was hat der gestrige „Tag der Pressefreiheit“ gebracht?

Die Antwort kann man vorweg nehmen – nichts. Und wie Europas Offizielle es schaffen, einen solchen Tag zu begehen, ohne den seit 11 Jahren widerrechtlich in Groβbritannien eingesperrten Julian Assange zu erwähnen, ist rätselhaft.

Eigentlich weiss man es - aber in der Praxis ist Pressefreiheit eher etwas, das die Kreise der Mächtigen stört. Und daher bekâmpft wird. Foto: Sebaso / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Da hatte gestern die Generalsekretärin des Europarats Marija Pejčinović Burić völlig Recht, als sie erklärte, dass „die europäischen Staaten dringend aktiv werden müssen, um den Journalismus zu schützen und die Sicherheit der Journalisten zu erhöhen. „Zu einem Zeitpunkt, wo Journalisten und andere Medienschaffende immer mehr unter unzulässigem Druck stehen, eingeschüchtert werden, Gewalt erleiden und andere Formen der Behinderung ihrer Arbeit erfahren, ist es dringend, dass nationale Pläne zur Erhöhung der Sicherheit von Journalisten ausgelegt werden.“ So richtig die Generalsekretärin damit auch liegt, in der Praxis bleibt dies ein frommer Wunsch, von dem man sich fragen kann, ob er auch wirklich von all denjenigen geteilt wird, die ihn heute salbungsvoll nachplappern.

Dass man auf politischer Ebene verstanden hat, worum es geht, wird bei Burićs Stellungnahme deutlich. „Um die demokratischen Freiheiten zu schützen, müssen die Staaten ein positives Umfeld für vielfältige und unabhängige Medien schaffen, damit sich diese entwickeln und ihre grundlegend wichtige Rolle als ‚Wachhunde‘ spielen können.“ Das klingt schön. Als unabhängiges europäisches Medium kann Eurojournalist(e) der Generalsekretärin des Europarats mitteilen, dass es in der Praxis ganz anders aussieht. Denn speziell auf politischer Ebene sind unabhängige Medien, die sich nicht im Besitz von Milliardären befinden, ein echter Dorn im Auge, was sich unter anderem dadurch ausdrückt, dass Medien wie das unsere keineswegs unterstützt werden, sondern in ihrer Entwicklung ausgebremst werden. Doch nicht unterstützt zu werden, bedeutet noch lange nicht, dass man nicht ebenfalls unter Druck gesetzt, gelegentlich auch bedroht wird und so bleibt Frau Burićs Ansage zwar inhaltlich völlig richtig, hat jedoch mit den Realitäten nur wenig zu tun.

Dass in Europa ein „Tag der Pressefreiheit“ gefeiert wird, ist zu einem Zeitpunkt, zu dem der wohl weltweit wichtigste Whistleblower und Journalist Julian Assange in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis eingesperrt ist und laut UNO gefoltert wird, eigentlich unerträglich, zumal diejenigen, die gestern salbungsvolle Reden zum Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit gehalten haben, nicht den geringsten Versuch unternehmen, die Briten dazu zu bewegen, Julian Assange freizulassen. Julian Assange ist ein politischer Gefangener, dessen „Verbrechen“ darin besteht, dass er seinen Job als Journalist besser gemacht hat als andere. Dadurch, dass die Spitzen der europäischen Politik schweigen und wegschauen, während die Briten die Pressefreiheit vergewaltigen, werden diese schönen Sonntagsreden entwertet. Wie glaubwürdig ist es, von Pressefreiheit und dem Schutz von Journalisten zu reden, aber den Namen Julian Assange seit 11 Jahren zu verschweigen?

Diejenigen, die sich heute als „Beschützer der Pressefreiheit und der Journalisten“ aufspielen, sollten sich vielmehr um die Freilassung des inhaftierten Julian Assange kümmern, statt sich selber dafür zu feiern, wie toll sie doch die Pressefreiheit schützen. Und so wurde gestern aus einem eigentlich lobenswerten Tag ein trauriges und heuchlerisches Spektakel. Ja, Pressefreiheit und Journalisten müssen geschützt werden. Doch das fängt damit an, dass die öffentlichen Stellen aufhören, Journalisten als „billige Erfüllungsgehilfen“ für ihre politische Kommunikation zu betrachten und entsprechend zu behandeln. Aber das ist auch nur ein frommer Wunsch zu einer Zeit, in der Medien Milliardären gehören, die mit ihren Medien ihre politischen Erfüllungsgehilfen in die jeweiligen Ämter hieven…

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