Urlaub in der Türkei? Nö.

Die Bundesregierung hat die Reisewarnung für die Türkei teilweise aufgehoben. Trotz steigender Infektionszahlen – alles für Erdogans Tourismus-Branche.

Klar, die Türkei ist ein schönes Land. Aber man kann auch anderswo Urlaub machen. Foto: Gottfried Hoffmann-... / Wikimedia Commons / CC-BY 3.0

(KL) – Wie passend. Für die zweite Hälfte der seltsamen Urlaubssaison 2020 hat die Bundesregierung die Reisewarnung Türkei teilweise aufgehoben. Ab sofort sind die Urlaubsprovinzen Antalya, Izmir, Aydin und Mugla wieder besuchbar. Möglich wurde dies durch intensive Gespräche hinter den Kulissen, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Ob Erdogans Leute wieder einmal gedroht haben? Zum Beispiel mit der Aufkündigung des elenden Flüchtlingsdeals zwischen der Türkei und der EU? Für diejenigen, die jetzt doch noch in die Türkei reisen wollen, gelten spezielle Regeln. Und eigentlich sollte man momentan darauf verzichten, Urlaub in einem Land zu machen, dass sich in den letzten Wochen und Monaten klar auf die Seite der Gegner Europas gestellt hat.

Recep Tayyip Erdogan braucht dringend Geld und da dürfen die Einnahmen aus der Tourismusbranche, die rund 13 % des türkischen BIP ausmachen, nicht fehlen. Denn Erdogans Kriege gegen die Kurden, in Syrien, in Libyen kosten eine Menge Geld. Also müssen wieder Touristen in die Türkei kommen, je mehr, desto besser. Steigende Infektionszahlen in der Türkei – who cares?

Das Auswärtige Amt erklärte, dass die Aufhebung der Reisewarnung nur unter der „Voraussetzung der strikten Einhaltung des von der türkischen Regierung verfügten Tourismus- und Hygienekonzepts“ erfolgt. Klingt prima. Und dürfte sich für manchen Türkei-Urlauber in einen Albtraum verwandeln.

Damit die Urlauber als Mitbringsel nicht das Coronavirus nach Deutschland bringen, sieht die neue Regelung vor, dass alle Rückkehrer innerhalb von 48 Stunden vor der Rückreise einen Covid-Test absolvieren. Entweder für 15 € bei einem zertifizierten Labor, oder für 30 € am Abflugflughafen. Da wird es dann spannend – wer infiziert ist, muss in der Türkei in die Quarantäne.

Doch abgesehen von den „technischen“ Überlegungen zu einem Türkeiurlaub muss man sich die Frage stellen, ob man ausgerechnet in einem Land Urlaub machen muss, dessen aggressive Politik gerade die Sicherheit der ohnehin schon angeschlagenen NATO gefährdet.

Die Liste der Untaten des Präsidial-Diktators Erdogan ist lang. Kriege in der gesamten Region, Provokationen und Grenzverletzungen zu Griechenland, also der EU, ein nach wie vor unklares Verhältnis zum „Islamischen Staat“, die Verhaftung tausender Künstler, Journalisten, Intellektueller, die Entfernung von über 100.000 Beamten aus dem Staatsdienst, politische Schauprozesse, Verhaftungswellen und das sind nur die wichtigsten Themen. Muss man als Urlauber tatsächlich mit seinem Geld ein solches Regime stützen?

Wer das Glück hat noch Urlaub machen zu können, der sollte lieber in europäische Länder reisen, die Umsätze im Tourismus mindestens ebenso dringend brauchen wie die Türkei. Griechenland, Italien, Spanien, Portugal – das sind ebenso schöne Reiseländer wie die Türkei und sie bieten den Vorteil, dass man dort als Urlauber keine Kriege und kein repressives Regime finanziert.

Natürlich ist jeder und jede frei, sich für einen Urlaubsort zu entscheiden. Nur sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man damit zu einem Rädchen im System Erdogan wird.

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