Vergessen? Abhaken? Bloß nicht…

Am 11. November 1918, also vor genau 99 Jahren, endete der I. Weltkrieg. Dieses Datum gerät in Deutschland in Vergessenheit und das ist gefährlich.

Zwei Weltkriege, 40 Millionen Tote, eine verwüstete Welt - das darf nicht vergessen werden. Foto: Moore, William E. / Russel, James C. / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Geschichte ist etwas, das sich ständig wiederholt. Es sei denn, die Menschen lernen aus ihren Fehlern und ändern ihr Verhalten. Doch das passiert eher selten. In Deutschland neigt man dazu, den I. Weltkrieg zu vergessen, doch das Gefährliche daran ist, dass dieses Vergessen dazu verleitet, Dinge zu relativieren und zu beschönigen. So hört man in Deutschland immer wieder, dass „Deutschland mehr oder weniger in diesen Krieg hineingeschlittert ist“ und „dass die anderen genauso Schuld hatten“. Vielleicht wäre es sinnvoll, den 11. November auch in Deutschland als Gedenktag zu begehen, damit diese Art der schleichenden Geschichtsverfälschung gestoppt wird.

17 Millionen Menschenleben kostete der I. Weltkrieg, der durch die Ermordung des österreichischen Thronfolgers und seiner Frau in Sarajewo ausgelöst wurde. Doch sollte man keineswegs vergessen, dass Deutschland daraufhin alles in Bewegung setzte, um diesen Krieg loszutreten. Ebenfalls sollte man sich daran erinnern, dass 1914 der Kriegsbeginn von fast der gesamten Bevölkerung begrüßt wurde, Deutschland wurde von einem nationalistischem Strudel erfasst und freute sich auf den Krieg, fand dieser doch auf ausländischem Terrain statt und sollte nur wenige Wochen oder Monate dauern.

Es wurde 4 Jahre des Elends, des Verreckens, der Verrohung, der Negierung des Lebens. Geprägt vom Schrecken dieses Kriegs und der damit verbundenen Folgen taumelte die Welt gleich in den nächsten Weltkrieg hinein, wiederum ausgelöst von Deutschland, wiederum von einem hochkriminellen Verbrecherpack. Und wenn wir nicht schleunigst lernen, was uns die insgesamt über 40 Millionen Toten der beiden Weltkriege des letzten Jahrhunderts mitteilen wollen, dann sind wir schon auf dem Weg zum III. Weltkrieg – ein Blick nach Nordkorea oder Syrien oder in andere Regionen der Welt bestätigt dies.

Nein, auch der I. Weltkrieg eignet sich nicht zum „Abhaken“ oder „Vergessen“. Natürlich geht es heute nicht mehr darum, dass die Deutschen in Sack und Asche gehen sollten, weil sie dauernd Kriege losgetreten haben. Dass die heutigen Generationen so viel Schuld am I. Weltkrieg haben wie junge Franzosen daran, dass Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts halb Europa in Schutt und Asche gelegt hat, ist klar. Und dennoch ist es extrem wichtig, dass man sich erinnert, dass man nicht vergisst und das man versucht, die Mechanismen von totalitären Systemen zu verstehen, die solche Ereignisse überhaupt erst möglich machen.

Es ist zwar nicht das erste und vermutlich nicht das letzte Mal, dass wir diesen Vorschlag machen – es wäre gut, am 11. November und am 8. Mai weltweite Friedenstage einzuführen und die Erinnerung an diesen Schrecken so lebendig wie möglich zu halten. Denn das Stadium „Wehret den Anfängen“ haben wir längst schon wieder hinter uns gelassen.

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