Was für eine Sprache…

Bei seiner Rede beim „Sahel-Gipfel“ in N'Djamena benutzt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Sprache, die man ansonsten eher von denen kennt, die Europa bedrohen. Irgendwie unpassend.

Die martialische Wortwahl des französischen Präsidenten ist unangebracht. Foto: DonkeyHotey / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – In der Sahel-Zone wüten seit acht Jahren islamistische Milizen, die sich zur Terrororganisation Al-Qaida bekennen und gegen die Frankreich in der Grenzregion zwischen Mali, dem Niger und Burkina Faso militärisch vorgeht. Macron rief den Gipfel auf, den Kampf gegen diese Organisationen zu intensivieren. Er kündigte eine Offensive an, mit dem Ziel, „diese Organisationen zu enthaupten“. Die Wortwahl des Präsidenten ist dabei mindestens geschmacklos.

Seit ebenfalls vielen Jahren enthaupten die fanatischen Terroristen des „Islamischen Staats“ entführte Geiseln, wobei diese Enthauptungen häufig gefilmt und zur Verbreitung von Angst und Schrecken über alle möglichen Netzwerke verbreitet werden. Im Juli 2016 enthaupteten fanatische Terroristen in Saint-Etienne-du-Rouvray in einer Kirche den greisen Priester Père Hamel und eine Gläubige. Vor einem Jahr enthauptete ein fanatischer Terrorist den Lehrer Samuel Paty, weil dieser im Unterricht die in „Charlie Hebdo“ erschienenen Mohammed-Karikaturen zum Thema Pressefreiheit thematisiert hatte. Enthauptungen, eine unglaublich archaische Tötungsart, sind also terroristische Aktionen, die darauf abzielen, durch diesen besonders barbarischen Akt Angst in der Bevölkerung zu verbreiten. Dass nun der französische Präsident genau diese Wortwahl verwendet, ist seltsam. Und sicherlich kein Zufall.

Frankreich ist in den Ländern der Sahel-Zone als ehemalige Kolonialmacht immer noch mit sehr starken wirtschaftlichen Interessen vertreten, was das hohe militärische Engagement in dieser Region erklärt. Dazu betrachtet Europa die Länder der Sahel-Zone als eine Art „Pufferzone“, in der man meint, die Flüchtlingsströme aus den südlich der Sahara gelegenen Ländern aufhalten zu können. Das französische Interesse an der Ordnung in dieser Region ist also erklärbar. Nur – warum ausgerechnet die Metapher der „Enthauptung“ verwenden?

Die martialische Wortwahl des Präsidenten zielt vor allem darauf ab, sich in der Heimat als der starke Führer zu präsentieren, ein Bild, das in den letzten drei Jahren darunter gelitten hat, dass Macron weder die sozialen Unruhen in Frankreich in den Griff bekam, noch seine geplanten Reformen in die Wege leiten konnte und dass seine Regierung in der Coronakrise alles andere als eine gute Figur abgegeben hat, um es vorsichtig auszudrücken. Doch die Worte, die Macron in N’Djamena an den Sahel-Gipfel richtete, hört man auch und vor allem in Frankreich, dort, wo der eine oder andere französische Politiker in den völlig entglittenen Vororten gerne „polizeifreie Zonen“ einrichten würde, weil der Staat in den „Cités“ inzwischen keine Chance mehr hat, sich gegen die dortigen Clans zu behaupten.

Ein solcher politischer Diskurs trägt dazu bei, brutalste Gewalt bereits in der Sprache zu etablieren, ihr damit eine gewisse „Normalität“ zu verleihen. Das ist schneidig, das ist dynamisch, das soll Wählerschichten ansprechen. Doch ist das ein gefährliches Spiel, denn die aktuelle Lage birgt genug Sprengstoff, um sich eines Tages in echte Gewalt auf der Straße zu verwandeln und sich dann gegen diejenigen zu richten, die diese Gewalt zuvor befördert haben. Wohin die „Trumpisation“ des politischen Diskurses führen kann, haben wir am 6. Januar im Capitol in Washington erlebt. Momentan (und eigentlich immer) ist es keine gute Idee, weiter Öl ins Feuer zu gießen.

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