Wie ein 5. März die Stadt Freiburg veränderte…

Am 5. März 1981 wurde das alternative Kultur- und Jugendzentrum „Schwarzwaldhof“ in Freiburg von der Polizei geräumt. Was danach passierte, sollte Freiburg für immer verändern.

Die Folgen des 5. März 1981 sind heute noch in Freiburg spürbar. Foto: Marlies Decker / Landesarchiv Baden-Württemberg / Staatsarchiv Freiburg / W 40 Nr. 08636 / CC0 1.0

(KL) – Sie kamen im Morgengrauen, Tausende Polizisten des Sondereinsatzkommandos (SEK) aus Göppingen. Sie umstellten das alternative Kultur- und Jugendzentrum „Schwarzwaldhof“ und holten die Bewohner einen nach dem anderen heraus und verhafteten sie. Die „Macher“ dieses alternativen Projekts, das es bereits eine ganze Weile gab, wurden wie Terroristen ins Gefängnis nach Karlsruhe gebracht, da man Demonstrationen für ihre Freilassung in Freiburg vermeiden wollte. Doch die gab es trotzdem.

Zwei lange Wochen lang fanden täglich zwei Demonstrationen in Freiburg statt, bei denen bis zu 20.000 Menschen auf die Straße gingen und zum einen gegen die Räumung des „Schwarzwaldhofs“, aber auch um gegen die wochenlange und noch nie dagewesene Belagerung der Stadt durch Tausende Polizisten zu protestieren.

Diese Protestbewegung führte unter anderem dazu, dass die CDU das Rathaus verlor und heute noch sitzen Personen im Freiburger Stadtrat, die damals an den Protesten beteiligt waren. Statt eine links-alternative Kultur in Freiburg auszuhebeln, wurde diese überhaupt erst richtig bestärkt und strukturiert. Nachdem die SPD mit Erich Böhme das Rathaus übernommen hatte, wurde Freiburg in der Folge die erste deutsche Großstadt mit einem grünen Bürgermeister, Dieter Salomon, den man Jahre zuvor auch mit einer Dose Bier in der Hand im „Crash“ im „Schwarzwaldhof“ antreffen konnte.

Es lohnt sich, einen kurzen Moment an das Jahr 1981 zurückzudenken. Die stark politisierte Hausbesetzer-Bewegung hatte ganz Europa erfasst, ausgehend von den „Kraakern“ in Amsterdam, um dann ihre Hochburgen in Berlin, Zürich, Freiburg, Münster und vielen anderen Städten zu entwickeln. Junge Menschen besetzten Spekulationsobjekte und erschufen in Windeseile alternative Kultur- und Lebensprojekte, von denen einige bis heute überlebt haben. Diese Bewegung, die in Freiburg besonders stark war, sorgte für einen gesellschaftlichen Wandel, dessen Folgen wir heute noch spüren – eine Liberalisierung der Gesellschaft, die Akzeptanz für andere Lebensentwürfe, das Suchen und Finden neuer Wege.

Gerade heute lohnt sich dieser Rückblick, denn in Zeiten, in denen unsere politischen Führer ihre Kriegsgeilheit nicht einmal mehr zu verbergen versuchen, wird der Widerstand aus der Zivilgesellschaft immer wichtiger. Da tut es gut sich zu erinnern, dass ein laut und deutlich ausgedrückter Bürgerwillen solch weitreichende Folgen haben kann. Wie lautete gleich einer der Sprüche dieser Bewegung? „Wo Unrecht Recht wird, wird Widerstand Pflicht“. So sieht es aus…

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