Wie Tunesien die EU eben mal um eine Milliarde € abgezockt hat…

War das ein schöner Besuch der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni und der Kommissions-Präsidentin in Tunis! Für nur eine Milliarde € versprach der tunesische Präsident, die Flüchtlingswelle zu stoppen...

Die beiden Damen in der Bildmitte haben sich vom tunesischen Präsidenten sauber über den Tisch ziehen lassen... Foto: Riccardo De Luca / European Union, 2023 / EC - Audiovisual Service

OK logo viereck klein (KL) – Der Deal, den die europäische Delegation im Juni in Tunis festzurrte, klang einfach. Die EU schüttet Tunesien eine Milliarde Euro aus, damit diese die Flüchtlingswelle in der Meerenge zwischen Tunesien und dem italienischen Lampedusa stoppt. Zwar war bereits das ein höchst zweifelhafter Deal mit einem Regime, das mit Flüchtlingen auf teilweise barbarische Weise umgeht, doch nun stellt sich heraus, dass der tunesische Präsident Kais Saied die EU-Frauenriege um Ursula von der Leyen und Giorgia Meloni schlicht verkohlt hat – seit dieser Deal abgeschlossen wurde, hat sich die Anzahl der Flüchtlinge, die sich von Tunesien aus auf den Weg nach Europa gemacht haben, verdreifacht. Diese Milliarde hat sich wohl nicht so richtig gelohnt.

Nun hat sich Ursula von der Leyen bei ihrem 9-minütigen (!) Besuch mit Giorgia Meloni in einem Auffanglager auf Lampedusa zu einem „10-Punkte-Plan“ durchgerungen, der zum Teil die Menschen in Europa für komplett verblödet hält. So schlägt sie zum xten Mal vor, in Nordafrika Asylzentren einzurichten, damit diejenigen, die Anspruch oder eine Chance auf Asyl in Europa haben, sicher das Mittelmeer überqueren können. Nur – dieser Vorschlag geistert bereits seit rund 15 Jahren durch Europa und es ist nicht so ganz klar, an wen er sich richtet und vor allem, warum sie ihren eigenen Vorschlag nicht endlich selbst umsetzt.

Ebenso sinnlos sind die Vorschläge von Giorgia Meloni. Diese hat zwar durchaus Recht, die mangelnde Solidarität seitens Frankreichs und Deutschlands zu kritisieren, doch vergißt die rechtsextreme Regierungschefin dabei, dass in der Zeit, in der Italien rund 132.000 Asylanträge zu bearbeiten hatte, die Zahl der Anträge in Deutschland bei 200.000 lag. Die Angriffe Meloni gehen am Ziel vorbei – sie sollte lieber diejenigen kritisieren, die sich nach wie vor weigern, überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen.

Auch Melonis Ankündigung, dass Flüchtlinge ab sofort in Auffang- und Abschiebe-Lager gesperrt werden sollen, geht am Thema vorbei, denn Italien verfügt überhaupt nicht über solche Lager. Momentan stehen für so etwas 1000 Plätze zur Verfügung, von denen 600 belegt sind – wohin sie die übrigen 131.000 Flüchtlinge stecken will, bleibt ihr Geheimnis. Das ist rechtsextremer Fremdenhass in Reinkultur, der suggeriert, dass Flüchtlinge per se wie Kriminelle zu behandeln sind. Und solche Aussagen trifft sie, während die Kommissionspräsidentin wie immer mit freundlich-ernstem Blick neben ihr steht.

Und wie geht es nun mit Tunesien weiter? Vermutlich so, wie einst zwischen Erdogan und Merkel – als sich die finanziellen Forderungen der Türkei für das Stoppen von Flüchtlingen auf 6 Milliarden € hochschaukelten, die dann auch gezahlt wurden. Nachdem Tunesien nun die erste Milliarde nach dem Dire Straits-Motto „Money for nothing“ eingesackt hat, dürfte der nächste Deal noch einmal deutlich teurer werden. Und die EU wird, wie immer, zahlen und weiterhin keine Asylzentren in Afrika einrichten.

Und somit offeriert die EU den rechtsextremen Parteien in Europa, die immer mehr Rückenwind haben, die perfekte Plattform für deren Hass-Diskurs, der immer mehr Zuspruch in der Bevölkerung hat. Selbst in Deutschland hört man immer öfter, dass nun das Boot aber auch wirklich voll sei. Klar, wir können uns ja die Rettung von Menschenleben nicht mehr leisten, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir unsere Reserven in der Ukraine lieber in das Töten von Menschen investieren.

Angesichts dieses und anderer Skandale darf sich niemand wundern, wenn wir 2024 erstmals ein Europäisches Parlament haben, das stramm anti-europäisch eingestellt sein wird. Dass es so weit kommt, verdanken wir Europäer den Ursula von der Leyen, Eva Kaili, Giorgia Meloni und anderen. Es gibt Tage, da weiß man selbst als überzeugter Europäer nicht mehr, wie man diese EU noch rechtfertigen und verteidigen soll. Ein Jammer.

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