Wir fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn…

Am Samstag demonstrieren die Straßburger gegen die geplante Westumfahrung der Stadt. Die kostenpflichtig wird.

Wird die französische Gruppe Vinci künftig ein europäisches Nadelöhr abkassieren? Foto: Ikar.us / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Das Thema klingt zunächst nach einem rein elsässischen Thema. Westlich von Straßburg soll eine Autobahnumfahrung der Stadt entstehen, um der permanenten Staus auf der überlasteten A35 Herr zu werden. Eigentlich ein normales Infrastrukturprojekt. Gegen das viele Sturm laufen und – das einen seltsamen Zusammenhang mit der deutschen Seite aufweist.

Die Umweltschützer sind gegen die Westumfahrung Straßburgs (GCO – Grand Contournement Ouest), da auf den Feldern westlich von Straßburg der seltene Große Hamster lebt, dessen Habitat durch eine neue Autobahn gefährdet wäre. Andere, denen der Große Hamster eher egal ist, kritisieren, dass diese Umfahrung kostenpflichtig wird. Und wieder andere sind der Ansicht, dass dieses Projekt auf jeden Fall durchgezogen werden muss. Doch es gibt noch einen Aspekt, der bislang in den Diskussionen gar nicht richtig aufgetaucht ist. Und dieser Aspekt hat mit der A5, der Autobahn durch Baden zu tun.

Denn, wie man in Baden weiss, wurden die Renovierung und der Ausbau der A5 zwischen Malsch und Offenburg an einen privaten Betreiber vergeben, der die rund 800 Millionen Euro Baukosten übernahm und dafür eine Konzession für 30 Jahre erhielt und in absehbarer Zeit diesen Abschnitt der A5 kostenpflichtig machen dürfte. Und hier beginnt das Problem.

Denn die Betreiberfirma, die sich um die A5 in Baden kümmert, heißt „Via Solutions Südwest“. Haben Sie noch nie gehört? Normal. Der Firmenname klingt zwar deutsch, doch 50 % der Anteile an dieser Firma gehören dem französischen Mischkonzern Vinci. Und Vinci, Sie haben es geahnt, ist der Betreiber des GCO auf Seite des Elsass.

Da klingelt ein Glöckchen. Vinci ist gerade dabei, die Kontrolle über den gesamten europäischen Nord-Süd-Verkehr zu übernehmen. Wenn die GCO gebaut wird, kann Vinci künftig auf beiden Seiten des Rheins kassieren und dabei über die Preise den Verkehr auf der wichtigsten Nord-Süd-Achse kontrollieren. Und das ist bedenklich.

Vinci wird gewusst haben, warum es seine deutschen Aktivitäten hinter einem so gar nicht nach „Vinci“ klingenden Firmennamen versteckt. Denn die Gruppe baut gerade an einem europäischen Nadelöhr. An dem es, wie die Ritter im Mittelalter, einen Wegzoll nach Gutdünken erheben kann. Und wer mit diesen Wegzoll nicht einverstanden ist und auf die andere Rheinseite wechselt, der muss dort auch zahlen – in die gleiche Kasse, bei Vinci.

Infrastrukturprojekte, die privat finanziert werden, sind weder skandalös, noch bedenklich. Wenn sie aber dazu führen, dass künftig private wirtschaftliche Interessen die europäische Verkehrspolitik beherrschen, dann werden sie eben doch bedenklich. Man sollte es sich sehr gut überlegen, ob man einer privaten Gruppe gestatten will, künftig im Alleingang den gesamten europäischen Nord-Süd-Verkehr abzukassieren. Denn das ist auch nicht das Europa, das wir uns gewünscht haben.

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