Wir taumeln ins dritte Kriegsjahr

Zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine muss man feststellen, dass alle an einer weiteren Eskalation dieses Kriegs arbeiten, der ein Geschäftsmodell geworden ist.

Bis zur Vernichtung unseres Planeten... Foto: Ministru of Defense of Ukraine / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Am 24. Februar überfiel Russland die Ukraine. Gegen jedes Völkerrecht versuchte Russland, sich einen Weg nach Kiev zu bahnen, in der Hoffnung, innerhalb von drei Tagen die ukrainische Hauptstadt einzunehmen und somit einen „Blitzkrieg“ zu gewinnen. Seitdem erlebt die Welt und erleidet die Ukraine einen Krieg, den sie militärisch nicht gewinnen kann und am Verhandlungstisch ebenso wenig beenden will wie der russische Aggressor. Durch diesen Krieg haben sich alle bereits sehr wackeligen Gleichgewichte in der Welt aufgelöst und der Krieg eskaliert immer weiter. Und wie ist die Lage nach zwei Jahren Krieg und wie soll es weitergehen?

Im Westen ist die Haltung klar. „Wir müssen Putin vernichten und Russland so zusammenstutzen, dass es nie wieder einen Krieg starten kann.“ Klingt nachvollziehbar, ist aber völlig unrealistisch, denn Russland hat als eines der Gründungsmitglieder der BRICS-Organisation die Unterstützung der mächtigsten Organisation der Welt und verfügt selbst über eine mächtige Armee, der selbst die NATO-Truppen nicht viel entgegensetzen können. Eine militärische Lösung dieses Kriegs mit einem glücklichen Ende für die Ukraine ist nicht in Sicht, im Gegenteil, an der ostukrainischen Front rücken die Russen immer weiter vor.

Die Ukraine fordert weitere Waffensysteme, auch solche, mit denen Moskau angegriffen werden kann. Doch die Geschichte lehrt, dass alle Versuche Moskau einzunehmen für die Angreifer in einem Desaster endeten, ob es nun Napoleon war oder Hitler, der nicht bis Moskau kam. Wie Russland reagieren wird, sollte eines Tages eine „Taurus“-Rakete in Moskau einschlagen, ist klar. Doch wer hat Interesse an einer nuklearen Eskalation dieses Kriegs?

Die USA ziehen sich schrittweise aus der Unterstützung der Ukraine zurück, verschiedene europäische Länder auch, während die anderen weiter Milliarden in das schwarze Loch Ukraine schütten und hoffen, dass man damit die russische Aggression stoppen kann. Dass das nicht funktioniert, könnte man nach zwei Jahren eigentlich sehen.

Diejenigen, die am lautesten nach einer weiteren Eskalation dieses Kriegs rufen, sind in der Regel diejenigen, die selbst nicht in eine Situation geraten können, in der sie mit einem Gewehr in der Hand an die Front ziehen müssen. Vom heimischen Sofa aus ist es leicht, noch mehr Opfer zu fordern.

Entsetzlich ist die Erkenntnis, dass der Westen auch nach zwei Jahren weiter den Krieg für beide Kriegsparteien finanziert und selbst mit immer neuen Waffensystemen für eine weitere Eskalation sorgt. Das Argument der „Abhängigkeit“ von Russland steht auf tönernen Füssen, denn entweder ist Russland der Feind, den es unbedingt zu vernichten gilt oder aber das Land ist unser unverzichtbarer Handelspartner, dem wir weiterhin Milliarden für seine Energieträger bezahlen und ihm unsere eigenen Produkte verkaufen, auch, wenn diese heute über neue Wege geliefert werden, damit das Unterlaufen unserer eigenen „Sanktionen“ nicht ganz so offensichtlich ist.

Die unbedingt erforderliche humanitäre Hilfe für die ukrainische Bevölkerung beläuft sich nach zwei Kriegsjahren nur auf einen Bruchteil des Werts der Waffenlieferungen und Geldzahlungen, wobei niemand genau weiß, was mit diesen Geldern eigentlich passiert. Und das ist auch nicht sehr beruhigend in einem Land, das zu den korruptesten Ländern der Welt zählt.

Nach zwei Jahren eines blutigen Kriegs muss man sich die Frage stellen, wie es weitergehen soll. Die Ukraine hat keinerlei Möglichkeit, ihre Forderungen und Vorbedingungen für Verhandlungen erfüllt zu sehen. Die russische Seite hingegen, die sich anschickt, diesen Krieg militärisch für sich zu entscheiden, hat bald keinerlei Veranlassung mehr zu verhandeln, denn wenn sie den Krieg gewinnt, wird sie das zukünftige Leben in der Ukraine per Diktat organisieren und dabei die Ukrainer nicht fragen, was diese gerne hätten.

Es gab in den letzten beiden Kriegsjahren verschiedene „Friedenspläne“, wie den italienischen Plan und selbst den vernünftigen Vorschlag von Henry Kissinger. Diese Pläne sollten wieder aufgenommen werden und da auch China Verhandlungen fordert, sollten alle diplomatischen Anstrengungen darauf ausgerichtet werden, solche Verhandlungen in die Wege zu leiten.

Doch auf der Münchner Kriegskonferenz, die auf Samtpfötchen unter dem Titel „Sicherheitskonferenz“ daherkam, ging es nicht um Frieden, sondern um die Fortführung des Kriegs, der wie alle Kriege ein Geschäftsmodell ist, an dem sich eine Handvoll skrupelloser Menschen eine goldene Nase verdient. Statt alles daran zu setzen, eine „Weltfriedenskonferenz“ zu organisieren, ging es sowohl beim Weltwirtschaftsforum in Davos wie in München nur um Geld und Waffenlieferungen, wie immer untermalt mit unserer eigenen Propaganda, nach der in der Ukraine Europa und die Demokratie verteidigt werden.

Wenn man nun noch bedenkt, wie kritisch das Pulverfass Naher Osten ist, dass dort eine Koalition von Staaten und Terrororganisationen daran arbeitet, den Staat Israel auszulöschen, wenn man dazu bedenkt, dass sich gerade ein größerer Krieg in Afrika im Osten der Demokratischen Republik Kongo zusammenbraut, der sich auf die ganze Region ausbreiten kann, dann merkt man, auf welchem Irrweg sich die Welt gerade befindet. Angeführt von vergreisten, korrupten und inkompetenten Führern bewegt sich die Welt auf eine Katastrophe zu, der alles geopfert wird. Für die Probleme, die das Potential haben, unseren Planeten unbewohnbar zu machen, haben wir kein Geld übrig, denn dieses Geld brauchen wir für die Vernichtung der Welt.

Bedenklich ist, dass dies alles wie bei den letzten beiden Weltkriegen unter dem Beifall der Bevölkerungen geschieht, die, sowohl im Westen wie im Osten, brav die Kriegspropaganda ihrer jeweiligen Seite widerkäuen und mit „Hurra!“ in Weltkrieg III stolpern. Doch im Gegensatz zu den ersten beiden Weltkriegen verfügen heute beide Seiten über Waffen, die als ultima ratio die Welt vernichten können und sich unter dem Kommando von Politikern befinden, die ihr eigener Größenwahn und ihre eigene Geltungssucht daran hindern, im Interesse der Weltbevölkerung zu handeln.

Seit 1945 galt der Satz „Nie wieder Krieg“. Seit 1945 haben wir jedes Jahr würdig den 8. Mai und das Ende des II. Weltkriegs gefeiert (und natürlich auch den 11. November). Doch dieser Satz hat seine Gültigkeit verloren, der Begriff „Frieden“ ist zum Schimpfwort geworden und die Aktionäre in Industrien wie Rüstung, Energie, Logistik und anderen reiben sich die Hände. Wie immer. Und was werden wir unseren Kindern und Kindeskindern sagen, wenn diese uns fragen werden, warum wir diesen III. Weltkrieg nicht verhindert haben?

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