Balanceakt auf ebenem Hallenboden – SIG in der Basketball Champions League

In der Gruppenphase der BCL läuft es für SIG Strasbourg besser als in der Liga. Ob allerdings der türkische Vertreter Pinar Kasiyaka aus Izmir als Aufbaugegner kommt, wird sich erst am Mittwoch auf dem Hallenboden der Tatsachen zeigen.

Sigou, das Storch-Maskottchen der Basketballer von Straßburg, ist selbst ein großer Sportler. Sogar den Balanceakt auf der Brüstung des Geländers, der einem Ritt auf der Rasierklinge gleichkommt, beherrscht er: Mögen es ihm die Spieler gleichtun. Foto: (c) Michael Magercord

(Michael Magercord) – Am Anfang der Saison steht jeder Basketballverein in Europa vor derselben Frage: Wie lange wird es dauern, bis wir wieder eine funktionierende Mannschaft auf dem Parkett haben? Besonders die Spieler aus den USA rotieren fast jede Spielzeit aufs Neue durch den alten Kontinent, sodass sich die Fans jedes Mal erst an die Gesichter gewöhnen müssen. Nun aber im November ist die Zeit gekommen, eine erste Bilanz ziehen zu können – und für SIG Strasbourg fällt sie durchwachsen aus.

Allerdings wurde das auch kaum anders erwartet. Denn der Club ist während der letzten Spielzeit in unruhiges Fahrwasser geraten. Die vorangegangene Saison war eine schottische Dusche: Eiskalt am Beginn ging es hinunter bis zum letzten Tabellenplatz, dann aber quasi kurz vor der Ziellinie haben sich die Mannen um Kurzzeit-Trainer Luca Banchi noch als Achtplatzierter in die Playoffs gerettet – bei denen sie gegen den späteren Meister aus Monaco nach guten Spielen trotzdem nicht gewinnen konnten.

Nun also auf ein Neues, aber in der Liga zeigte die Richtung wie in der Vorsaison erst einmal nach unten. Mittlerweile aber gab es zwar auch wieder Siege zu feiern, aber zuletzt am Samstag auswärts gegen Chalon lief es wieder nicht rund. Aber das soll nun am Mittwoch anders werden, denn es gibt ja noch die Champions League. Und Europa ist für Straßburg bekanntlich sowieso das eigentliche Zuhause, zumal sich die Basketballhalle schräg gegenüber den beiden kontinentalen Parlamenten befindet.

Trotzdem ist es schon eine Sonderleistung, dass SIG überhaupt in Europa mitspielen kann. Sportlich nämlich nicht qualifiziert, erhielt der Verein, der seit der Gründung der Champions League vor sieben Jahren immer dabei war, eine Ausnahmezulassung. Die neue Mannschaft nahm im September an einem Vorausscheidungsturnier in der Türkei teil – und gewann.

Seither geht es ein wenig drunter und drüber, mal gut und glatt, dann wieder stehen die Spieler wie neben sich. Ob sich auf dem Parkett nur offenbart, wie es derzeit im Club zugeht? Denn zu den sportlichen Turbulenzen kommen die Unsicherheiten um die Vereinsführung und der Sponsorenstruktur. Nach dem Abgang des langjährigen Präsidenten Martial Bellon im Juni ist nun schon ein zweiter Vorsitzender im Amt. Christophe Lasvigne will vor allem die Basis der eher kleineren Sponsoren, denen die Mittel auch nicht mehr so locker sitzen wie zuvor, um Großsponsoren erweitern. Und frisches Geld scheint nötig, will man auch sportlich weiter oben bleiben. Für diese Saison musste bei den Spielergehältern empfindlich gespart werden: War SIG in der Vorsaison noch der Verein mit dem viertgrößten Budget in der Liga, ist man in dieser Tabelle auf Platz neun abgerutscht. Trotzdem formuliert der neue Präsident das sportliche Ziel optimistisch: Irgendwo zwischen Platz 4 und 8 sollte man schon landen. Verpasste man diese Gefilde, würde es die erste Saison überhaupt, in der SIG nicht bis in die Playoffs vorgedrungen wäre.

Um das zu verhindern, müssen die Mannen um den neuen italienischen Trainer Massimo Cancellieri aber so langsam zu einer Mannschaft werden, was sich daran zeigte, dass sie über ein ganzes Spiel hinweg eine durchgängig konzentrierte Partie ablieferten. Und oft wird das dritte Viertel zwischen Minute zwanzig und dreißig zur Feuerprobe: Mal zieht die Mannschaft plötzlich auf und davon, dann wieder fällt sie genau in dieser Zeit – wie gegen Dijon – in sich zusammen. Auch der Trainer fühlt sich selbst nach einem Sieg wie vor ein Rätsel gestellt: Er müsse immer noch lernen, so im O-Ton nach dem Heimspiel gegen Saint-Quentin, „die Mannschaft zu verstehen“. Jedenfalls wird es für Massimo Cancellieri im Laufe der Saison wohl noch viele Gründe geben, seinen beeindruckenden Bart, den er – wie er verriet – auf Anraten seiner Mutter trägt, zu zausen.

Aber wie gesagt, Europa ist ja eigentlich ein gutes Pflaster für Straßburg. Nach zwei Auftaktsiegen in der Gruppenphase der BCL geht es am Mittwoch in der eigenen Halle gegen Izmir um die Tabellenführung. Für Stimmung dürfte gesorgt sein, denn das elsässische Publikum ist ein treues, und wenn es einmal nicht ganz so rund läuft, ist auf einen immer Verlass: Sigou, der sportliche Storch, der uns im Trikot von SIG auch dann noch Mut macht, wenn die Tatsachen auf dem Hallenboden mal nicht so rosig scheinen, wird uns – anders als seine Artgenossen da draußen – garantiert auch im Winter nicht allein lassen.

SIG Strasbourg – Pinar Karsiyaka
Gruppenspiel in der Basketball Champions League
MI, 15. November, 20 Uhr
Rhenushalle – Stadtteil Wacken

Tickets und Infos unter: www.sigstrasbourg.fr

Weitere Heimspiele in der französischen Liga und der BCL bis Jahresende:

SA, 18.11. 21 Uhr: SIG – Le Portel (Liga)
SA, 02.12. 21 Uhr: SIG – Nancy (Liga)
SA, 16.12. 18.30 Uhr: SIG – Metropolitain (Liga)
DI, 19.12. 20 Uhr: SIG – Oldenburg (BLC)
SA, 26.12., 17.30 Uhr: SIG – Chalon (Liga)

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