Deutschlands Helden

Heute erinnert man sich an das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler durch die Verschwörer vom 20. Juli 1944 um Graf Stauffenberg. Aber eignet sich diese Gruppe wirklich zur Heldenverehrung?

Dass Hitler dieses Attentat überlebte, war unglaublich. Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1969-071A-03 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Sie waren mutig, die Attentäter vom 20. Juli 1944, die versuchten, Adolf Hitler mit einem Sprengstoff-Attentat ins Jenseits zu befördern. Aber nicht nur, dass bei der Ausführung der „Operation Walküre“ vieles schief ging, dazu lohnt es sich auch, die Motive der Gruppe um Graf Stauffenberg genauer zu betrachten. Denn andere Widerstandskämpfer wie Georg Elser, der 1939 versuchte Hitler in München in die Luft zu sprengen, hatten eine ganz andere Motivation als die Gruppe des 20. Juli 1944.

Die Verschwörer des 20. Juli 1944 waren so lange treue und zuverlässige Stützen des Nazi-Regimes, wie sie davon ausgingen, dass Deutschland den Krieg gewinnen würde. Von den Verschwörern ist keinerlei Kritik am Völkermord an den Juden bekannt, keine Stellungnahme gegen den brutalen Angriffskrieg, den Nazi-Deutschland in alle Richtungen entfesselt hatte, keine Forderung, die KZs zu schlieβen, keine Kritik an der Nazi-Ideologie. Im Gegenteil, die Mitglieder dieser Gruppe waren überwiegend hochrangige Militärs, die bis 1944 funktionierten, wie sich Hitler das gewünscht hatte.

Ab 1944 war den führenden Militärs in Deutschland klar, dass der Krieg verloren war. Der Angriff auf Russland war gescheitert, im Westen waren die Alliierten in der Normandie gelandet und es war nur noch eine Frage der Zeit, dass Deutschland diesen Krieg verloren geben musste. Dies war der Ausgangspunkt der Überlegungen der Verschwörer des 20. Juli 1944 – die sahen keinen Sinn mehr darin, noch Hunderttausende oder gar Millionen deutsche Soldaten in einen sinnlosen Tod zu schicken, angesichts der Tatsache, dass dieser Krieg nicht mehr gewonnen werden konnte.

Dass sich die Verschwörer des 20. Juli 1944 Sorgen um ihre unterstellten Soldaten machten und deren Leben retten wollten, ist aller Ehren wert. Doch sollte man sich nicht in eine Heldenverehrung verirren, denn der Anschlag galt nicht etwa der Nazi-Ideologie, sondern der Person Adolf Hitlers, da eine Beendigung des Kriegs, sprich, die Kapitulation, mit Hitler nicht möglich war.

Dass die Gruppe um Graf Stauffenberg das Risiko auf sich nahm, sich unter schwierigsten Umständen zu organisieren, dass sie versuchte, den Führer umzubringen, verdient Respekt. Die Verschwörer bezahlten für diesen mutigen Akt mit dem Leben.

Doch wenn es schon darum geht, den deutschen Widerstand zu illustrieren, ist die Gruppe Stauffenberg nicht das beste Beispiel. Diejenigen Karriere-Militärs, die sich seit den späten 30er Jahren schuldig gemacht hatten, stellen eigentlich den deutschen Widerstand nicht dar. Für diesen stehen ein paar Einzelkämpfer, wie eben Georg Elser, der frühzeitig erkannt hatte, wohin Adolf Hitler Deutschland führen würde und der daher 1939 in einer aberwitzigen Aktion eine gewaltige Explosion im Münchner Bürgerbräukeller herbeiführte, doch Hitler hatte den Ort leider 13 Minuten vorher verlassen. Helden des Widerstands sind auch die namenlosen Menschen, die all die Jahre jüdische Mitbürger versteckten und dabei ein maximales Risiko für ihr eigenes Leben eingingen.

Doch bis 1944 waren die Verschwörer des 20. Juli 1944 zuverlässige Stützen des militärischen Apparats des Nazis und trugen folglich sogar eine Mitschuld an dem, was sich in den fünf Kriegsjahren ereignete. Dafür, dass diese Gruppe versuchte Hitler zu töten, verdient sie Respekt und Anerkennung und ein ehrendes Andenken. Doch die Helden des geringen deutschen Widerstands sind andere – diejenigen, für die man keine Gedenktage organisiert.

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