Ein Jahr Macron – und jetzt?

Gestern erhielt der französische Präsident Emmanuel Macron den prestigeträchtigen Karlspreis. Für seine tolle Kommunikation?

Eine "geniale Persönlichkeit"... zumindest in der Kommunikation. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Der Aachener Karlspreis wird seit 1949 an „geniale Persönlichkeiten“ verliehen, „die den Fortschritt der Menschheit ermöglichen“. Das klingt toll und ist es sicherlich auch. Gestern nun erhielt der französische Präsident Emmanuel Macron diesen Karlspreis und man darf sich die Frage stellen, was eigentlich die „Genialität“ dieses Präsidenten ausmacht und welchen Fortschritt der Menschheit er eingeleitet hat.

Mehr und mehr verwandeln sich diese Preise in eine Art Förderpreis für künftige Leistungen. Ebenso, wie der Friedensnobelpreis für Barack Obama lediglich die Aufforderung darstelle, sich für den Frieden einzusetzen, ist der Karlspreis die Aufforderung an Macron, irgendwann tatsächlich den Fortschritt der Menschheit einzuleiten. Bislang hat er sich eher durch eine tolle politische Kommunikation und heftige Einschnitte in das soziale Netz seines Landes ausgezeichnet.

Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, würde man zu der früheren Praxis zurückkehren und Preise für Geleistetes und nicht für Erhofftes verleihen. Denn dieses antizipative Verschleudern von Ehrungen entwertet diese schlicht und ergreifend.

Emmanuel Macron, wir haben es schon öfters geschrieben, ist ein Meister der politischen Kommunikation. Mit runden, wohlklingenden Ankündigungen erzählt er jedem, was jeder hören möchte. Die Forderung nach europäischen Reformen klingt toll, solange man nicht so genau definieren muss, wie diese Reformen aussehen sollen und solange man weiß, dass es ohnehin keine Mehrheiten gibt, die einen am Ende zum Handeln und zum Umsetzen dieser Reformen zwingen.

Doch nur mit politischer Kommunikation wird Macron keine 5 Amtsjahre durchhalten. Im ersten Jahr seiner Präsidentschaft ist man noch geneigt gewesen zu denken, dass das neue Team etwas Zeit braucht, um sich einzuarbeiten, doch diese „Schonzeit“ ist nun vorbei. Künftig wird auch ein Emmanuel Macron liefern müssen und kann sich nicht weiter auf Ankündigungen beschränken. Vielleicht wäre es besser gewesen, Macron diese Ehrung zuteilwerden zu lassen, sobald er tatsächlich etwas geleistet hat, das über die reine Selbstinszenierung hinausgeht.

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