EUandME – eine Website für Europa…

John. F. Kennedy hat den Wählern ins Gewissen geredet: Frag nicht, was das Land für dich tut, frage, was du für das Land tun kannst! 1960 hatte er damit die US-Wahl gewonnen. 58 Jahre später, wieder vor einer Wahl, lässt die EU seine Bürger fragen: Was hat Europa für mich getan?

Ja, was tut Europa denn eigentlich für mich? Foto: what-europ-does-for-me.eu / Herausgeber EP

(Von Michael Magercord) – Dieses hier, Eurojournalist.eu, ist eine Website für Europa: Sie versucht das, was Europa ausmacht, nämlich die Entwicklungen auf dem Kontinent – so gut es mit den beschränkten Mittel geht – zu verfolgen und kritisch zu begleiten und der Region – Oberrhein – und der Stadt, wo sie ansässig ist – Straßburg –, Bedeutung zu geben.

Vor einer Woche wurde noch eine Website für Europa freigeschaltet. Die kommt aus Brüssel und wird direkt von der EU heraus gegeben. Europa-Parlamentspräsident Tajani sparte bei der Vorstellungskonferenz des neuen Onlineangebotes letzte Woche in Straßburg nicht an großen Worten: „Europe is under attack“, und die EU muss seine Bürger schützen. Wovor? Vor ihrem eigenen Desinteresse und Skepsis gegenüber der EU.

Sechs Monate vor der richtungsweisenden Europawahl gilt es also nicht nur den Fakenews entgegenzutreten, sondern überhaupt einmal News zu verbreiten: „What Europe does for me“ ist das Onlineprojekt überschrieben und man überlässt es den Nutzern, wo er das fehlende Fragezeichen setzen will.

Was also hat Europa für mich getan? Die Antwort ist von vornherein klar: viel. Doch um die Botschaft an den Bürger zu bringen, kommt man ihm entgegen. Die Aufzählung der Wohltaten sind heruntergebrochen auf die Regionen, denen sich – so die Annahme der Macher der Site – die Europäer am stärksten verbunden fühlen: den Bundesländern, les departments, gli regioni oder okresy.

Ruft man auf der Website nun seine Heimatregion auf, erscheinen alle Wohltaten, die Europa ihr getan hat. Man sieht, wohin das Geld aus den zahlreichen Fonds geflossen ist. Aber es geht noch feiner: entsprechend seiner eigenen sozialen Kategorie kann jeder schauen, was Europa getan hat. Etwa für Studenten: Erasmus-Programm. Oder Touristen: kein Geldgewechsel mehr in der Eurozone. Oder für Fußballfans: Freies Reisen zu allen Stadien Europas. Und es geht noch genauer: wer von einer bestimmten Krankheit heimgesucht wird, kann erfahren, was Europa zu seiner Genesung beiträgt. Und um die Auskunft schließlich auf die entscheidende Figur im Ringen um die Gunst der Bürger zuzuschneiden, auf mich nämlich, kann ich ein höchstpersönliches Profil anlegen. Dann erfahre ich zielgenau, welche Wohltaten die EU mir bereithält. Last but not least: auch uns Journalisten wird die Arbeit leicht gemacht: Beispiele der Leistungen der EU lassen sich bequem abrufen und zu Artikeln verarbeiten.

Warum das Ganze? Etienne Bassot, Chef des wissenschaftlichen Dienstes der EU, sieht in der Website die Kreation eines neuen Narrativs, dessen die EU mehr denn je bedarf: nämlich die kollektive Erzählung davon, was die EU alles geleistet hat.

So richtig all das ist, und so nett Versuch auch sein mag, dies nun den EU-Bürgern über eine ihnen in den Mund gelegte Frage online näherzubringen, das klingt – leider – wieder einmal nach dem immer gleichen Ansatz: Wir vollbringen tolle Dinge, sie sind nur schlecht erklärt. Doch es sollte sich herumgesprochen haben, dass es in unsicheren Zeiten nur selten funktioniert, mit gewesenen Erfolgen Vertrauen in die Zukunft herzustellen. Und darum muss es ja letztlich muss, will man dieses Europa bewahren. Vielleicht also doch etwas mehr Debatten zulassen? Ja, vielleicht sogar Kritik? Oder gar Selbstkritik in der Selbstdarstellung?

Immerhin, es gibt eine erste gute Nachricht aus Europa: Das neue Webangebot der EU hat den Bürgern keinerlei Kosten verursacht, wie Etienne Bassot gegenüber dem Eurojournalist(e) bestätigte. Jedenfalls keine zusätzlichen. Der wissenschaftliche Dienst der EU hat darin lediglich alles zusammengefasst, was ohnedies schon im Netz herumschwirrte, und in eine ansprechende Form und leichtere Sprache gebracht.

Ob damit dem EU-Bashing nun wirksam entgegengetreten wird, darf zumindest fraglich bleiben. Und ein wirklich neues Narrativ leitet sich aus ihr vermutlich nicht ab. Auch EP-Präsident Tajani betete auf die Frage, was Europa der wahlfaulen Jugend bietet, das Wichtigste nochmals her: Freizügigkeit ohne Reisepass und Geldwechsel, Jobmöglichkeiten auf dem ganzen Kontinent und innereuropäische Demokratie in seinem Parlament. Da aber selbst diese Errungenschaften immer auch zwei Seiten haben und es vielleicht hilfreicher wäre, das auch zuzugestehen und offen zu diskutieren, bleibt zu hoffen, dass diese altbackene Art der Selbstbeweihräucherung zumindest nicht schadet.

#EUandME : What Europe does for me
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