Gebietsreform: Es wird immer enger für die Region Elsass

Der Gesetzesausschuss des französischen Parlaments hat eine Empfehlung für eine ostfranzösische Großregion abgegeben. Mit Lothringen, mit der Champagne-Ardennes.

Dunkle Wolken über der französischen Nationalversammlung - hier entscheidet sich die Zukunft des Elsass. Foto: kimdokhac / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die blöden Sprüche der Befürworter einer eigenständigen Region Elsass haben ihre Wirkung in Paris nicht verfehlt. Womit eigentlich jeder rechnen musste, der auch nur eine Sekunde nachgedacht hat. Statt in der Debatte um die geplante Gebietsreform mit Argumenten zu glänzen, haben es die Verfechter einer Region Elsass geschafft, Paris so zu beunruhigen, dass eine solche, eigenständige Region Elsass als eine Bedrohung für die französische Kohärenz betrachtet wird. Immerhin steht in der Empfehlung dieses Ausschusses für die Nationalversammlung, die in den kommenden Tagen über die Reform beraten und abstimmen wird, dass man das Elsass nicht isolieren wolle. Da nützten auch die Proteste der konservativen UMP-Abgeordneten in diesem Ausschuss wenig.

Nun rächt sich, dass die Konservativen im Elsass so kurzsichtig handelten und ein wenig zu sehr mit seltsamen und rechtsextremen Autonomisten-Grüppchen gekuschelt haben. Auch die Demonstration in Straßburg, mit der man Paris von Volkes Wille überzeugen wollte, führte genau zum Gegenteil dessen, was beabsichtigt wurde. Wenn sich die Argumente der Befürworter auf mit Fehlern gespickte Plakate in deutscher Sprache beschränken, sich ein Philippe Richert wie ein elsässischer Volkstribun aufführt, gleichzeitig aber darauf verzichtet, nüchtern die wichtigsten Argumente FÜR eine Region Elsass darzulegen, dann darf man sich nicht wundern, wenn Paris die französische Einheit bedroht sieht. Unglaublich, dass die Elsässer das nicht geahnt haben.

Um die elsässischen Autonomisten im Zaum zu halten, wird Paris dem Elsass aller Voraussicht nach Lothringen und sogar die Champagne-Ardennes als eine Art Aufpasser zur Seite stellen. Und einmal mehr wird das Elsass eine historische Chance verpasst haben, eine Übung, die man im Elsass besonders gut beherrscht. So würden heute diese Debatten gar nicht stattfinden, hätten die Elsässer nicht die Volksabstimmung zu einem “Einheitlichen Elsassrat” am 7. April 2013 wie so oft dazu missbraucht, ihre Unzufriedenheit mit anderen Themen zu demonstrieren – hätten die Elsässer damals diese faktische Zusammenlegung der Verwaltungen beider elsässischen Departements beschlossen, würden die Debatten heute anders laufen.

Die Abstimmung im Senat vor wenigen Wochen, als dort die Empfehlung ausgesprochen wurde, man möge doch 15 neue Regionen bilden, darunter eine Region Elsass, wurde zu Unrecht im Elsass bejubelt. Denn der Senat entscheidet in Frankreich nichts. Ausschlaggebend wird nur die Abstimmung im Parlament sein, das mehrheitlich für die ostfranzösische Großregion ist. Da die Gegner dieser Großregion aber lieber dümmlich polemisierten, statt schlau zu argumentieren, bekommen sie aller Voraussicht nach dafür die Quittung. Am Ende war es dann wohl doch nicht so schlau, gemeinsame Sache mit Ewiggestrigen und Autonomisten zu machen. Deren Träume eines autonomen Elsass künftig vor der Kathedrale von Reims enden werden.

Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, würde man sich in Frankreich einmal angewöhnen, sich bei Wahlen und Abstimmungen darüber zu äußern, worum es gerade geht. Die berühmten “votes sanction”, also ein Abstimmungsverhalten, mit dem man die Politik zu ganz anderen Themen abstrafen will, führen zu Situationen wie dieser. Niemand, weder bei den Konservativen, noch bei den Linken, will diese Großregion mit Lothringen und der Champagne-Ardennes. Die Linken im Elsass würden gerne mit Lothringen fusionieren, allerdings auch nicht mit der Champagne-Ardennes. Doch genau das will nun die französische Regierung durchsetzen. Denn die Art der Debatten, die dümmlichen Slogans und das Fehlen guter Argumente (die es durchaus gegeben hätte), haben erneut ein großes Misstrauen gegenüber dem Elsass geschürt. Das diese Fehler vermutlich ziemlich lange bezahlen wird.

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