Happy Birthday, Europarat…
Der Europarat feiert 70. Geburtstag. Und obwohl er schon so alt ist, hat er immer noch Probleme, sein Dasein und seine Arbeit richtig zu vermitteln. Woran das wohl liegen mag?
(KL) – Europa ist komplex, da hatte der Sprecher und Kommunikationschef des Europarats in Straßburg, der Deutsche Daniel Holtgen, sicher Recht. Und mitten in dieser Komplexität der Institutionen befindet sich der Europarat, die „innenpolitische Diplomatie-Abteilung“ Europas. Was der Europarat tut, warum er wichtig ist und wohin er sich entwickelt, das weiß allerdings außerhalb des Europarats niemand. Schlimmer noch, viele Menschen verwechseln den Europarat mit dem Europäischen Rat und geben irgendwann bei dem Versuch auf, die europäischen Institutionen zu verstehen. Doch, so kündigte Daniel Holtgen gestern an, das soll sich künftig ändern.
Der Europarat, der mit vielen seiner Projekte in den 47 Mitgliedsstaaten unterwegs ist, befindet sich damit auch am Puls der Befindlichkeiten der Europäerinnen und Europäer. Und dabei stellt er immer wieder fest, dass diese je nach europäischer Region sehr unterschiedlich sind. Während man entlang der früheren Grenze zwischen den großen Blöcken, beispielsweise im Baltikum, als Hauptthema Europas die Sicherheit sieht, sorgen sich die westlichen Mitgliedsstaaten eher um den Klimawandel und dessen Auswirkungen, während das wichtigste Thema in den Mitgliedsstaaten in Zentral- und Südosteuropa eher die Migration ist. Diese unterschiedliche Gewichtung der Themen macht es auch so schwierig, alleine schon eine europäische Wertediskussion zu führen.
Dem Europarat, darauf wies Daniel Holtgen wiederholt hin, mangelt es an Geld. Mit nur 0,3 % des Haushalts der EU gehört der Europarat sicher nicht zu den überfinanzierten Institutionen, dafür muss er aber auch keine Landwirtschafts-Subventionen und anderes ausschütten. Doch würde sich das Unverständnis der Bürgerinnen und Bürger für ihre Institutionen verbessern, würde der Europarat mehr Geld bekommen?
Die Aufgabe des Europarats ist es, die Anwendung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat in den 47 Mitgliedsstaaten mit deren 820 Millionen Einwohnern zu überwachen. Ob Wahlbeobachtungen, die Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechte und der Rechtsstaat-Standards vor Ort, Kultur- und Demokratie-Programme für verschiedene Zielgruppen, die Aktivitäten des Europarats sind vielfältig. Lassen wir den Europarat selbst zu Wort kommen:
„Der Europarat setzt sich für die Freiheit der Meinungsäußerung und der Medien ein sowie für die Versammlungsfreiheit, für Gleichstellung und den Schutz von Minderheiten. Er hat Kampagnen zu Themen wie Kinderschutz, Hassreden im Internet und den Rechten von Roma, Europas größter Minderheit, gestartet. Der Europarat hilft Mitgliedsstaaten bei der Bekämpfung von Korruption und Terrorismus sowie bei der Durchführung notwendiger Justizreformen. Seine Gruppe von Verfassungsexperten, die Venedig-Kommission, berät Staaten weltweit in Verfassungsfragen.
Der Europarat fördert die Menschenrechte mithilfe internationaler Konventionen wie der Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt oder der Konvention gegen Computerkriminalität. Er überwacht die Fortschritte der Mitgliedsstaaten in diesen Bereichen und spricht durch unabhängige, mit Experten besetzte Monitoring-Organe Empfehlungen aus. Kein Mitgliedsstaat des Europarates wendet die Todesstrafe an.“
Kein Zweifel, die Arbeit des Europarats ist wichtig. Zumal er mit seinen 47 Mitgliedsstaaten auch zahlreiche Mitglieder hat, die NICHT Mitglieder der EU sind. Hier entstehen diplomatische Kanäle, die besonders in Krisenzeiten von Bedeutung sind. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gehört zum Europarat und hier erfahren die Mitarbeiter auch aus erster Hand, wo etwas in Europa schief läuft. So stellt beispielsweise die Anti-Korruptions-Gruppe GRECO anhand der Fallzahlen fest, dass ausgerechnet im Land, das aktuell die Präsidentschaft der EU innehat, nämlich in Rumänien, die Korruption europaweit mit Abstand am größten ist.
Aber über all die positiven Dinge berichten die Medien ja nicht, beklagte sich Daniel Holtgen, denen würde es ja nur um die Skandale und Probleme (Türkei, Russland…) gehen. Das ist allerdings ein wenig einfach gedacht. Der Europarat hat das gleiche Problem wie viele andere Institutionen, die kommunizieren. In diesen Abteilungen geht es teilweise so bürokratisch und hierarchisch zu, dass bis eine Pressemitteilung von allen zuständigen Personen geändert und freigegeben wurde, die Medien mit dem Inhalt nicht viel anfangen können.
In einer sich sehr schnell verändernden Medienlandschaft ist es gerade für Institutionen mit ihren hierarchischen Abläufen schwer, mit den Entwicklungen mitzuhalten. Aber, und das ist ja schon ein positiver Schritt, das Problem ist erkannt worden und der Europarat will nun besser, schneller und positiver kommunizieren. Und das unterstützen wir gerne mit dem Link zum Webangebot des Europarats – hier erfahren Sie alles, was Sie immer schon über den Europarat wissen wollten und sich nicht zu fragen getraut haben…
Und sollten Sie in der Region am Oberrhein leben, dann können Sie den Europarat auch am nächsten Sonntag, den 5. Mai, beim Tag der Offenen Tür besuchen! Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag!
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