Klimatechnische Bankrotterklärung

Einerseits macht nun auch die Bundesregierung Jagd auf die „Letzte Generation“, andererseits will sie, dass die Kommunen die Folgen des Klimawandels auffangen. Aber wie?

Wenn die "Letzte Generation" verstummt sein wird, verbrennt unser Planet... Foto: Stefan Müller (climate stuff, 1 mio views) from Germany / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die Meldungen passen zusammen. Superminister Robert Habeck zetert gegen die „Letzte Generation“ und die Kommunen sollen sich nun auf den leider, leider nicht mehr beherrschbaren Klimawandel vorbereiten. Das ist eine erstklassige Kommunikation. Wir tun nichts gegen den Klimawandel, schieben die Verantwortung für die Konsequenzen des Nichtstuns auf die Kommunen ab und kriminalisieren diejenigen, die sich verzweifelt gegen die Zerstörung unseres Lebensraums auflehnen. Robert Habeck sollte mal bei Christian Lindner nachfragen, ob in der FDP nicht noch ein Plätzchen für ihn frei ist…

Es ist das erste Mal, dass die bundesdeutsche Politik offen zugibt, dass sie den Klimawandel nicht mehr in den Griff bekommen wird. Hitzewellen, Überschwemmungen, seltsame Wetterphänomene aller Art – inzwischen kann niemand mehr den Klimawandel leugnen. Das ist im Grunde nicht überraschend, denn die Wissenschaft warnt seit 1960 (!) vor dieser Entwicklung. Doch die einzige wirkliche Reaktion war in den letzten Jahrzehnten, dass man zahlreiche Konferenzen organisiert hat, bei denen immer ehrgeizigere Ziele zur Begrenzung des Klimakatastrophe definiert wurden, an die sich dann aber kaum jemand gehalten hat. Umwelt- und Klimaschutz wurde regelmäßig den nächsten Generationen als Aufgabe mitgegeben, denn wenn heute jemand ein Klimaziel für das Jahr 2050 definiert, dann ist klar, dass er selbst nichts mit der Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen zu tun haben wird.

Die Kommunen, die unter chronischer Geldknappheit leiden, da sie riesige Anstrengungen für die Aufnahme von Flüchtlingen, für die mühsame Instandhaltung von Infrastrukturen und soziale Probleme aufgrund von Inflation und anderen Dingen zu stemmen haben, können allerdings die Folgen des Klimawandels nicht auffangen. Alleine für eine Bestandsaufnahme und die Identifizierung möglicher Maßnahmen bräuchte man in Deutschlands Kommunen rund 16.000 neue Expertenstellen, die natürlich von Superminister Habeck nicht finanziert werden können. In einer solchen Situation ist es realitätsfremd, wenn die Bundesregierung die Verantwortung für die Folgen ihres Jahrzehnte andauernden Zuschauens und Förderns der größten Umweltsünder auf die Kommunen abschiebt, nach dem Motto „seht zu, wie ihr damit klarkommt“.

Dass zeitgleich Politik und Autofahrer die „Letzte Generation“ immer aggressiver verfolgen, zeigt deutlich, dass sich der Gedanke durchgesetzt hat, dass man wohl etwas fürs Klima tun muss, solange das keine Konsequenzen für einen selbst hat. Klimaschutz, das ist eine wichtige Aufgabe – für die anderen.

Angesichts der völligen Hilfslosigkeit der Politik, die sich weiterhin von Industrie, Finanzmärkten, Shareholder Value und Lobbys durchs Dorf treiben lässt, ist die Reaktion der jungen Leute der „Letzten Generation“ mehr als verständlich. Wer heute 18 oder 20 Jahre alt ist und entdeckt, wie ein korruptes Konglomerat aus Politik und Finanzwirtschaft diesen Planeten ruiniert, um den Aktionären des großen Kapitals noch höhere Gewinne zu bescheren, dem ist entweder alles egal oder er geht auf die Straße. Genau das tun die jungen Leute der „Letzten Generation“ und sie tun es mit friedlichem Protest. Dass dieser bei ihren Aktionen auch nerven kann, ist klar und natürlich auch beabsichtigt. Niemand, der ein echtes Anliegen hat, organisiert seine Demonstrationen und Aktionen so, dass es niemanden stört.

Dass der einstmals Grüne und zur aktivsten Kriegstreiberpartei zählende Robert Habeck nun gegen die „Letzte Generation“, nicht aber gegen die größten industriellen Umweltzerstörer ins Feld zieht, ist die klimatechnische Bankrotterklärung. Nein, das Versagen der Politik kann nicht auf kommunaler Ebene aufgefangen werden und nein, die „Letzte Generation“ sind keine Kriminellen, die, wie von Konservativen mit Schnappatmung gefordert, die ganze Härte der Justiz zu spüren bekommen sollen.

Und dann wundert man sich, dass die Extremisten immer mehr Zulauf bekommen? Und dass niemand mehr Vertrauen in diesen unfähigen, verkrusteten und korrupten Politikapparat hat?

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