Liebe Gallier…

Frankreich liegt lahm – ganz Frankreich? Die Tankstellen zumindest. Obwohl, so ganz ohne Benzin? Ohne Auto? Der Verband der Motorradfahrer ist jedenfalls wild entschlossen zur blockierenden Tat, denn sie und alle anderen Motormobilisten sind „en colere“...

Jetzt noch die Musik aus "Spiel mir das Lied vom Tod" und wir haben die Stimmung vom Samstag... Foto: MM / CC-BY-SA 4.0int

(Von Michael Magercord) – Am Samstag soll es rund gehen vor den Tankstellen in Gallien, ups, Frankreich. Also bei den Franken, ups, schon wieder falsch, das war ja damals nur die aus dem Osten eingewanderte neue Oberschicht, aber egal, zum Teufel mit der Geschichte: heute wird Geschichte nicht erzählt, sondern gemacht! Also eigentlich nicht gemacht, sondern unterbunden, blockiert und boykottiert.

Bevor nun alles schon in diesem Text alles so durcheinander geht, wie es eigentlich erst am Samstag auf den Straßen zugehen soll: Die Franzosen sind dazu aufgerufen, die Zufahrten zu den Tankstellen des Landes zu blockieren. Laut Umfragen unterstützen 71 Prozent der Franzosen diesen Boykott, und die meisten politischen Parteien dann natürlich auch, von ganz ganz Rechts bis ganz ganz Links. Nach dem Motto: egal mit wem, Hauptsache Protest.

Gegen wen ist klar: die Regierung! Logo, wir sind ja in Frankreich, gegen wen soll man denn sonst protestieren? Die Regierung ist immer schuld. Aber woran denn dieses mal bloß? Na gut, wollen wir nicht überheblich sein, denn ihr habt ja einen Grund: den Benzinpreis. Der ist einfach zu hoch, was die Kaufkraft schwächt, den Konsum. Das darf nicht sein, Punkt. Die Regierung muss den Ölpreis senken. Irgendwie so etwas muss es sein, was sich die Boykotteure und Blockierer denken – falls sie denken. Aber klar, Autofahren machen Franzosen einfach zu gerne, bei dem Spaß hört das Denken auf. Fußgängerzonen: nein! Parken auf Fußwegen: ja! Und dass es die Saudis waren, die mal flugs die Öl-Fördermenge reduziert haben, um den Weltmarktpreis in die Höhe zu treiben, kann dabei keine Rolle spielen.

Autos, diese zu Chrom und Blech gewordene Rücksichtlosigkeit der Moderne… aber das ist ja wieder ein anderes Thema. Aber immerhin könnte man ja auch denken, dass es vielleicht in Anbetracht des Klimawandels ein höherer Ölpreis gar nicht so schlecht ist, so auf die Zukunft gesehen… aber, okay, solche Gedanken erschweren nur das Denken. Und den Protest. Die roten Pudelmützen haben es vorgemacht, ohne weiterzudenken erfolgreich zu protestieren. Gleich zu Anfang der Präsidentschaft von Hollande haben die aufputschten Transportarbeiter im Interesse ihrer Chefs die LKW-Mautstellen niedergerissen und damit das ganze Projekt Eco-Taxe für eine ökologische Verkehrslenkung beendet. Bonjour GCO…

Aber je, diese unsinnige Westumgehung von Straßburg, die nun angeblich den Schwerlastverkehr aus der Stadt bringen soll, ist ja schon wieder ein anderes Thema. Deshalb nun zu euch, liebe Gallier: im Grunde bewundern wir euch ja für eure Widerstands- und Empörungskultur. Asterix ist auch unser! Und den Drang, dass sich grundsätzlich was zu ändern hat, verspüren auch wir. Aber mal ehrlich: Kaufkraft und Revolution, wie soll das denn eigentlich zusammengehen? Fällt euch echt nichts Besseres ein? Dann haben genau die leichtes Spiel, denen ihr es eigentlich verderben wollt. Echter Protest hieße: Konsum einstellen oder wenigstens zurückfahren. Das wäre nicht einmal nur Protest, das wäre eine gelebte Form von Politik. Dazu muss man nicht einmal auf die Straße gehen. Oder sie blockieren. Und schon gar nicht zuparken!… Aber alas, da sind wir ja doch schon wieder beim Thema, dem anderen, dem eigentlichen…

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  1. Gallier: Goethe ist mit euch! | Eurojournalist(e)

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