Rechtsextrem hat Rückenwind

Erstmals liegt die AfD in den aktuellen Umfragen vor der SPD (und natürlich vor den anderen Ampel-Parteien). Werden die Deutschen gerade zu Neofaschisten?

Zum Glück gibt es noch Menschen, die Farbe gegen den Neofaschismus bekennen. Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Die Zahlen sind beunruhigend. In der aktuellen RTL/n-tv-Umfrage hat die AfD, bis auf die CDU, alle anderen Parteien überholt. Während die CDU bei 29 % liegt, kommt die AfD auf 19 %, gefolgt von der SPD (18 %), den Grünen (14 %), der FDP (7 %) und Die Linke (4 %). Nicht nur, dass die Berliner Regierungsparteien zusammen nur noch auf 39 % kommen, dazu haben nun die Rechtsextremen massiven Rückenwind. Und alle rätseln, wie es so weit kommen konnte.

Schwenken die Deutschen gerade auf den Weg des Neofaschismus ein? In Sonneberg in Thüringen steht erstmal ein AfD-Kandidat kurz davor, zum Landrat gewählt zu werden, in einem Bundesland, in dem sich ein Björn Höcke stolz als „Neofaschist“ bezeichnet und niemand kann sagen, dass er oder sie nicht ahnte, was die AfD eigentlich wirklich will.

Nein, die Deutschen sind sicherlich nicht erpicht darauf, ein Faschismus-Remake zu fabrizieren, doch sind die traditionellen Parteien in einem derart schlechten Zustand, dass alle zusammen der AfD die frustrierten Wähler zutreiben. Die Bundesregierung funktioniert nur noch auf Abruf, hat das Vertrauen der Bevölkerung verloren, zwischen SPD, Grünen und FDP herrscht mehr als schlechte Stimmung und alle zusammen treten den Beweis an, dass sie nicht in der Lage sind, die aktuellen Probleme auch nur ansatzweise in den Griff zu bekommen.

Gäbe es eine andere sichtbare Alternative zur AfD, dann würden sich die Menschen dorthin orientieren. Doch die Parteiapparate mit ihren elenden Seilschaften sorgen dafür, dass keine politischen Hoffnungsträger nach oben gespült werden und plötzlich hört man wieder diesen schlimmen Satz „viel schlechter als die anderen kann es die AfD auch nicht machen“.

In Deutschland wird nun das Gleiche passieren wie in Frankreich. Angesichts der extremen Schwäche der traditionellen Parteien wurden auch in Frankreich die Extreme gestärkt, links wie rechts, und die Spatzen pfeifen es von den Pariser Dächern, dass die nächste französische Präsidentin aus dem rechtsextremen Lager kommen wird, entweder Marine Le Pen oder ihre Nichte Marion Marechal-Le Pen. In Frankreich ist die politische Mitte bereits verwaist, und das könnte nun auch in Deutschland passieren.

Wie gefährlich eine solche Entwicklung ist, sollten wir speziell in Deutschland wissen. Der deutsche Faschismus, der im letzten Jahrhundert die Welt ins Elend gestürzt hat, kam nicht etwa durch einen Putsch an die Macht, sondern durch Wahlen. Diejenigen, die heute etwas an dieser Entwicklung verändern könnten, handeln nicht entsprechend. Die SPD ist überfordert, die Grünen zeigen, dass nicht gut im Regieren sind und die FDP tritt den Nachweis an, dass sie in dieser Ampel-Koalition eigentlich nichts verloren hat.

Rechtsextrem hat Rückenwind – das sollte ein wichtiges Thema für die anderen Parteien sein, die endlich anfangen müssen, sich auch selbstkritisch zu hinterfragen. Wenn alles so weitergeht wie bisher, werden wir überall in Europa in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts rechtsextreme Regierungen haben. Dass das zu nichts Gutem führt, liegt eigentlich auf der Hand.

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