Schweiz – gleiches Renteneintrittsalter für Männer und Frauen?
Ein Referendum entscheidet am Sonntag in der Schweiz über Angleichung des Renteneintrittsalters für Mann und Frau. Die Frauen sind nicht begeistert.
(Karl-Friedrich Bopp) – Das Schlagwort „Rentenreform“ ist nicht nur in Frankreich (wieder mal) in aller Munde. Am nächsten Sonntag stimmt die Schweiz in einem Referendum für eine Vereinheitlichung des Renteneintrittsalters für Mann und Frau ab. Allerdings, das Renteneintrittsalter wird nicht etwa für Männer gesenkt, sondern für Frauen erhöht. Die sind darüber gar nicht erfreut.
Auch in der Schweiz steigt die Lebenserwartung. Soweit die gute Nachricht. Allerdings werden vor diesem Hintergrund die Rentenkassen immer leerer. Daher der Vorschlag der Regierung, das Renteneintrittsalter für Frauen von 64 auf 65 zu erhöhen und damit dem der Männer anzugleichen. Die Idee ist nicht neu. Das Schweizer Volk lehnte aber den Vorschlag in den Jahren 2004 und 2017 bereits zweimal ab. Der dritte Anlauf ist für nächsten Sonntag, den 25. September 2022 angesetzt. Wie wird das Schweizer Volk dieses Mal entscheiden?
Die Gegner/innen des Vorschlags tragen erneut ihre Argumente mit Nachdruck vor. Bei dieser Reform seien ausschließlich die Frauen die Benachteiligten. Bereits heute hätten sie eine bis zu 37 % niedrigere Rente als die Männer. Es seien auch immer noch die Frauen, die den Haushalt schmeißen und die Verantwortung für die Pflege von Familienangehörigen übernehmen. Zeiten, die nicht in die Rentenberechnung fließen würden. Bevor man über die Anpassung des Renteneintrittsalters rede, sollten erst diese gesellschaftlichen Ungleichheiten aus dem Weg geräumt werden.
Die Befürworter/innen bringen zunächst das klassische finanzielle Argument vor. Ohne Reform sei die Rentenkasse bereits 2029 defizitär, mit der Reform im Jahre 2031. Na ja, ob sich dafür der ganze Aufwand lohnt? Dann wird auch die höhere Lebenserwartung der Frauen ins Spiel gebracht. Allgemein müssten halt endlich Maßnahmen ergriffen werden, mit denen die Rentenkasse in der Schweiz langfristig gesichert würde.
Zum Vergleich. In Frankreich gilt bereits für Mann und Frau das gleiche Renteneintrittsalter: 62 Jahre offiziell, in der Realität sind es aber kaum 59 Jahre. Die Wochenarbeitszeit in Frankreich liegt bei 35 Stunden, in der Schweiz bei 40 Stunden. In Frankreich hat jeder Arbeitnehmer per Gesetz 5 Wochen bezahlten Urlaub, in der Schweiz 4 Wochen. Gar nicht auszudenken, wie viele Schaufenster zerschmettert werden, um in Frankreich das in der Schweiz im Augenblick geltende Modell einzuführen.
Zurück in die Schweiz. Wird die Rentenreform am nächsten Sonntag per Referendum angenommen, tritt das entsprechende Gesetz 2024 in Kraft. Danach wird sich das Renteneintrittsalter der Frauen jeweils um drei Monate pro Jahr erhöhen. Ein für Mann und Frau gleiches Renteneintrittsalter würde also ab dem Jahre 2028 gelten. Ob es soweit kommt? Am nächsten Sonntagabend wissen wir mehr.
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