Streiks in Frankreich, Streiks in Deutschland…

In Frankreich stand gestern das öffentliche Leben weitgehend still, in Deutschland soll in den nächsten Tagen auch gestreikt werden. Doch Arbeitskämpfe sind in beiden Ländern sehr verschiedene Dinge.

Streiks in Deutschland und in Frankreich sind nicht genau das gleiche. Foto: Philipp Rothe / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.5

(KL) – Gestern standen in Frankreich die meisten Räder still. Denn in ganz Frankreich gingen die Menschen auf die Straße, um gegen die geplante Reform des Arbeitsgesetzes zu demonstrieren. Begleitet wurden diese Demonstrationen von Streiks der staatlichen Eisenbahn, vieler Lehrer und der öffentlichen Verkehrsmittel und anderer Bereiche des öffentlichen Lebens – selbst der Eiffelturm blieb geschlossen. Gleichzeitig zeichnen sich für Anfang / Mitte April im öffentlichen Dienst neue Streiks in Deutschland ab. Was so aussieht, als wäre es ungefähr das gleiche in beiden Ländern, ist aber grundverschieden.

In Frankreich geht es generell um die Ablehnung der geplanten Reform des Arbeitsgesetzes, in deren Rahmen zahlreiche soziale Errungenschaften aufgeweicht und viele Arbeitnehmerrechte beschnitten werden sollen (eurojournalist.eu vom 19. Februar 2016). Beim gestrigen Streik, der von den Franzosen mehrheitlich als wichtig und gerechtfertigt betrachtet wurde, ging es nicht darum, die Bedingungen für die eine oder andere Berufsgruppe auszuhandeln oder Arbeitgeber unter Druck zu setzen, sondern darum, mit einem eintägigen Streik ein politisches Signal in Richtung der Regierung auszusenden. Um die Menschen nicht unnötig zu belasten, war dieser Streik bereits seit Montag angekündigt gewesen und die Menschen hatten ausreichend Zeit, sich auf diesen einen Tag einzustellen. Ein Jahr vor dem Präsidentschaftswahlkampf ist so ein kurzer, aber heftiger Streik ein enormes Mittel, die Regierung unter Druck zu setzen. Wirkung garantiert.

Ganz anders sieht es dagegen in Deutschland aus, wo sich die Streiks immer auf einzelne Berufsgruppen, Löhne und Gehälter und generelle Arbeitsbedingungen beziehen. Aufgrund dieser thematischen Einengung ist die Solidarität mit den Streikenden in Deutschland geringer als in Frankreich. Los geht es bereits in der nächsten Woche und wie bereits bei den Lokführer-, Piloten- und Kita-Streiks im letzten Jahr ist das Kampfmittel bereits festgelegt. Man sorgt für schwierige Bedingungen für die Bevölkerung, in der Hoffnung, dass dies Druck auf den Arbeitgeber ausübt, während die politische Ebene weitgehend außen vor bleibt.

So hat der Beamtenbund „dbb“ seinen Fahrplan für die Streiks in Deutschland vorgestellt. Los geht es mit dem Streik im öffentlichen am Dienstag im hohen Norden, in Bremerhaven. Am nächsten Tag geht es in Fulda und Erfurt weiter, am Donnerstag in Flensburg und Salzgitter. Und gegen Ende der Woche sollen die ersten Warnstreiks in Kitas und eventuell auch Schulen beginnen. Bestreikt wird der öffentliche Nahverkehr, Dienste wie Zulassungsstellen und andere.

Der öffentliche Dienst fordert 6 % mehr Gehalt für seine knapp zwei Millionen Mitglieder. Es ist das gute und verbriefte Recht der Gewerkschaften, sich für die Arbeitnehmer einzusetzen, allerdings hat man das Gefühl, als wären die Streiks in Frankreich wirkungsvoller. Natürlich kann man eine Lohn- und Gehaltsrunde nicht mit der geplanten Reform des Arbeitsrechts vergleichen, doch fällt auf, dass generell Streiks in Frankreich kürzer, knackiger und letztlich wirkungsvoller sind.

So oder so, die nächsten Wochen werden in beiden Ländern zeigen, ob und wie der soziale Frieden wieder hergestellt werden kann. Gute Chancen ihre Forderungen durchzusetzen haben Franzosen und Deutsche allerdings beide. Auch, wenn es um ganz verschiedene Themen geht.

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