Stuttgart?

Die Schwabenmetropole entwickelt sich immer mehr hin zu „Randalegart“ - seit Wochen brodelt es in Stuttgart und niemand kann sich so richtig diese Gewaltorgien erklären.

So sah es in der Nacht von Samstag auf Sonntag in der ganzen Stuttgarter Innenstadt aus. Foto: Rodrigo Paredes from Cuidad Autonoma de Buenos Aires, Argentina / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – „Momentan schließen wir jede Art eines links-extremistisch motivierten Hintergrunds dieser Gewalt aus“, sagte Franz Lutz von der Polizei Stuttgart nach der Gewaltorgie in Stuttgart in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Dutzende zerstörte und geplünderte Geschäfte, rund 20 Verletzte und Festnahmen, 400 bis 500 aufgedrehte Personen, die sich mit der Polizei eine regelrechte Prügelei lieferten – die Stuttgarter Innenstadt glich einem Schlachtfeld. Allerdings hätte Franz Lutz auch angeben können, ob es sich eventuell um einen rechtsextremistisch motivierten Gewaltausbruch gehandelt haben könnte.

Nach übereinstimmenden Auskünften der Polizei und von Augenzeugen nahm dieser kollektive Gewaltexzess in einer Drogenkontrolle eines jungen Deutschen mit Migrationshintergrund, die plötzlich eskalierte. Zahlreiche Umherstehende solidarisierten sich mit dem jungen Mann und die Gewalteskalation nahm ihren Lauf.

Bereits seit Wochen ist Stuttgart auch Schauplatz der „Anti-Corona-Demonstrationen“ im süddeutschen Raum. An diesen Demonstrationen nimmt ein breites Spektrum an Personen teil – Rechtsextreme, Linksextreme, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und auch „normale“ Menschen, die das Gefühl haben, dass ihre Grundrechte zu stark eingeengt worden sind. Auch die diesen Demonstrationen wurde permanent gegen die (sanitären) Auflagen verstoßen, Extremisten zeigten offen verfassungsfeindliche Symbole und es herrschte ein wenig das Gefühl „wir können und über die Regeln hinwegsetzen und das hat keine Konsequenzen“.

Dazu kommen die jüngsten rassistischen Übergriffe, wie der auf George Floyd oder auf die deutsche Europaabgeordnete Pierrette Herzberger-Fofana und schon kann die Stimmung bei einer Drogenkontrolle blitzartig umschlagen. Eine schwierige Situation – innerhalb von sehr kurzer Zeit müssen die Menschen für sich entscheiden, ob der Einsatz gerechtfertigt, angemessen, notwendig, rassistisch, überzogen oder unnötig ist. In Minneapolis hätte manch einer der Umherstehenden gewünscht, rechtzeitig und richtig eingegriffen zu haben – was das die Motivation der Stuttgarter Partyszene, sich plötzlich mit derartiger Gewalt gegen die Polizei zu wenden?

Die Gewalt auf der Straße nimmt beunruhigende Züge an. – Wie in anderen Ländern auch wird die Polizei inzwischen als eine „feindliche Organisation“ betrachtet, und bereits in der Vergangenheit musste man in Stuttgart feststellen, dass sich rivalisierende Gruppen häufig gegenüber der Polizei solidarisierten. Aber warum Stuttgart?

Seit den Protesten gegen das irrwitzige Projekt „S21“ hat sich in Stuttgart eine echte Protestkultur entwickelt. Gruppen und Grüppchen aller Art und jedweder politischen Gesinnung sind immer präsenter – beispielsweise auch, als die ersten Solidaritätsproteste mit den französischen „Gelbwesten“ stattfanden – natürlich in Stuttgart.

Waren früher Freiburg, Karlsruhe oder manchmal Tübingen die Zentren politischen Protests, sind heute Demonstrationen dort wie Ausflüge mit der Familie, kaum konfliktgefährdeter als der Besuch eines Heimspiels des SC Freiburg. Die Gewalt findet in der Landeshauptstadt statt und die ratlosen Reaktionen von Politik und Behörden zeigt, dass man nun sehr genau analysieren muss, was gerade in Stuttgart los ist.

In dieser Woche will sich der Landtag mit dem Phänomen beschäftigen, doch eines muss man bereits jetzt festhalten: Alle Erkenntnisse, dass sich die Gesellschaft verändern muss, dass man anders miteinander umgehen muss, hatten nur eine kurze Halbwertzeit. Heute kann jederzeit und überall Gewalt explodieren und dieses Phänomen sollte man schnellstmöglich analysieren und lösen. Wir sind auf dem Weg zu „Weimar 2.0“ und diese Entwicklung muss gestoppt werden, denn wir wissen, wohin sie führt.

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