Vom ewig Neuen – 35. Festival MUSICA beendet

Zweieinhalb Wochen dauerte eines der wichtigsten Festivals der ernsten neuen und neueren Musik, das sich mehr und mehr zu einem Schaulaufen aller, auch nicht immer ganz so ernsten Formen der zeitgenössischen Musikveranstaltung entwickelt.

Das Festival MUSICA hat seinen festen Platz im Kulturkalender. Foto: Musica 2017

(Von Michael Magercord) – „Die Musik könne sobald dahin kommen, dass jeder, der nicht genau mit den Regeln und Schwierigkeiten der Kunst vertraut ist, schlechterdings gar keinen Genuss bei ihr finden“, schreibt da ein Kritiker und zeigt vielleicht eines der zentralen Probleme in der ernsten Form der Neuen Musik auf. Die zeitgenössische Musik stellt, um letztlich aus der Zeit zu ragen, oft ihre eigenen Regeln darüber auf, was Musik noch sein darf. Abstrus erscheinen da manchmal die intellektuellen Schwierigkeiten, die da zuvor ausgemacht werden, um sie dann mit oftmals ziemlich eigenwilligen, angeblich unumstößlichen Regeln, zumindest aber überkomplexen Konstrukten zu lösen.

„Durch eine Menge unzusammenhängender und überhäufter Ideen und einen fortwährenden Tumult aller Instrumente zu Boden gedrückt, verlasse man mit einem unangenehmen Gefühl der Ermattung den Konzertsaal“, schreibt der Kritiker weiter. Aber so sehr der Kritiker sicher damit vielleicht das Gefühl, das so manchen ungeübten Hörer überfällt, wenn er dem Neuen ausgesetzt wird, beschreibt, so muss man nun nach den zweieinhalb Festivalwochen feststellen, dass es vielleicht so schlimm doch nicht ist.

Denn bei MUSICA ging es nämlich recht abwechslungsreich zu: Zwischen dem Auftakt mit dem Konzert von Michael Levinas’ Markus-Passion, das dem Begriff „Ernste Musik“ auf richtungsweisende Art wieder einen tiefen Sinn verlieh, und dem turbulenten Abschluss am Samstag mit der eigenwilligen Interpretation des ersten Opernwerkes des Abendlandes „Orpheus und Eurydike“ von Monteverdi, gab es so viele unterschiedliche Veranstaltungen – da war doch für jeden etwas dabei: Chor- und Acapellagesang, Klavierrezital und Streichquartett, Oper und musikalisches Theater und und und…

So ist das heute nämlich. Vorbei die Zeiten, wo es immer nur das angestrengt Neue gab, nun darf man auch ohne als verstockt zu gelten, musikalische Mindestregeln hochhalten. Aber klar, es gab auch Konzerte für die Freunde der alten Manier des Neuen, atonaler Hardcore mit Elektronik dazu. Das sollte ja auch so sein auf einem Festival für zeitgenössische Musik. War es also etwa eines dieser Konzerte, das der Kritiker das zum Maßstab seiner Betrachtung nahm? „Das Publikum und Herr van Beethoven, der selbst dirigierte, waren an diesem Abende nicht miteinander zufrieden“, schreibt der Kritiker – allerdings schon 1805 über die Uraufführung der 3. Symphonie „Eroica“ des ungestümen Klassikers. Aber das waren ja auch noch ganz andere Zeiten…

Ausschnitt vom Auftaktkonzert, HIER KLICKEN!

www.festivalmusica.org

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