Wenn dem Präsidenten die Ohren klingeln…

Zum Jahrestag seiner Wiederwahl für eine zweite Amtszeit hätte sich Emmanuel Macron mehr Begeisterung seitens seiner Untertanen gewünscht. Doch die feierten ohne den unbeliebten Präsidenten.

In den nächsten vier Jahren wird Emmanuel Macron den Klang von Kochtöpfen nicht aus den Ohren bekommen... Foto: Pascal Germain / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Es ist nicht jeder ein John F. Kennedy, der das gerne wäre. So bekam Emmanuel Macron zum Jahrestag seiner Wiederwahl, die er ausschlieβlich dem Umstand zu verdanken hatte, dass seine Gegenkandidatin Marine Le Pen hieβ, nicht etwa ein erotisch gehauchtes Ständchen von einer Marilyn Monroe, sondern in ganz Frankreich ein Konzert auf Töpfen und anderen Dingen, mit denen man Lärm machen kann. So ganz nach dem Geschmack des Herrschers über die Franzosen war das wohl nicht.

Am Montagabend fuhren zum Ende des Nachmittags die Polizeikräfte mit rund 25 Mannschaftswägen in die Straβburger Innenstadt, wo ein „Topfschlagen-Konzert“ angekündigt war (und auch stattfand), so wie in ganz Frankreich. Denn auch, wenn Macron am liebsten das unrühmliche Kapitel seiner mit Gewalt durchgedrückten Rentenreform vergessen würde, so werden ihm die Franzosen diesen Gefallen nicht tun. Und da die französische Polizei nicht alle Kochtöpfe des Landes beschlagnahmen kann, wird er damit leben müssen. Vermutlich bis zu den Olympischen Spielen. Ob man dann Kochtöpfe in die Kategorie „gefährliche Angriffswaffen“ einordnen wird, bleibt abzuwarten.

Die Mitglieder von Macrons Regierung haben sich ebenso verrechnet wie der Souverän selbst. Nur zwei Tage nach der Nacht-und-Nebel-Verkündung seiner Rentenreform berichtete Innenminister Darmanin seinem Chef stolz, dass die Franzosen die Reform nun „geschluckt“ hätten, was aber einmal mehr nur eine Fehleinschätzung des Ministers ist. Denn die Franzosen haben diese Reform nicht „geschluckt“, dafür sind aber Macrons Beliebtheitswerte ins Bodenlose gesunken. Heute sind laut Umfragen 70 % der Franzosen der Ansicht, dass Macron „ein schlechter Präsident“ sei – Experten gehen davon aus, dass wenn die Zustimmung für einen Präsidenten unter 33 % sinkt, er praktisch nicht mehr regieren kann. Und dieser Wert wurde bereits unterschritten.

Aber wie kann es sein, dass ein Präsident, seine Regierung und ein millionenschwerer Beraterstab so überhaupt nicht verstehen, wie das französische Volk tickt? Die Vorstellung, dass die Franzosen nach dem Gewaltakt dieser Rentenreform, der Negierung demokratischer Grundsätze und der Geringschätzung durch Präsident und Regierung einfach wieder zur Tagesordnung übergehen, zeugt eigentlich nur davon, dass man in den Salons der Pariser Macht jeden Draht zur Bevölkerung verloren hat und diese nicht einmal im Ansatz versteht.

Macron’s Tour de France, bei der er momentan unter Hochsicherheits-Vorkehrungen in den verschiedenen Landesteilen seinen Sieg über die Franzosen feiert, hat nicht etwa zum Ziel, die Lage zu befrieden, sondern ist die Fortführung seiner Provokationen, mit denen er seinen Landsleuten seit Monaten zeigt, dass er nicht das Geringste für sie übrig hat. Hätten seine Berater ihm nicht empfehlen können, mit seiner Siegestour ein wenig zu warten?

Die Kochtopf-Konzerte warten nun für die nächsten Jahre überall dort, wo der Präsident auftauchen wird. Und am Ende des Tages ist es ganz einfach – um ein Ständchen von Marilyn Monroe zu bekommen, muss man seine Landsleute und sein Land lieben und eine Politik für die Menschen im Land führen. Ansonsten gibt’s Getrommel auf Kochtöpfen und höchstens Brigitte wird Emmanuel Macron ein kleines Ständchen singen. Das dürfte allerdings weniger Tiefenwirkung haben als von Marilyn Monroe…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste