Wieder Stühlerücken in der französischen Regierung?

Am 3. Januar hätte eigentlich eine Kabinettssitzung der französischen Regierung stattfinden sollen. Sie wurde auf den 10. Januar verschoben, was Beobachter für die Ankündigung eines neuen Wechsels an der Regierungsspitze deuten.

"Ob ich wohl nächste Woche noch Regierungschefin bin?", scheint sich Elisabeth Borne zu fragen. Foto: Jacques Paquier / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Da gab es Edouard Philippe (gleich zweimal), Jean Castex und Elisabeth Borne. Alle drei waren Premierminister Frankreichs, also auf dem Papier Regierungschefs, unter Präsident Emmanuel Macron. In dieser Zeit seit 2017 wurden deutlich über 30 Minister und Staatssekretäre ausgewechselt, stolperten über ihre zahlreichen Affären oder warfen entnervt das Handtuch. Und nun steht das nächste Stühlerücken in einer Regierung an, die das Vertrauen der Bevölkerung verloren hat und seit einiger Zeit überwiegend mit Verfassungstricks wie dem berüchtigten Verfassungsparagrafen 49.3 am Parlament vorbei regiert, da sie dort keine Mehrheit hat.

Dass man sich anstelle der Kabinettssitzung bei der aktuellen Premierministerin Elisabeth Borne für deren Arbeit bedankte, klingt auch nicht gerade nach Jobgarantie. Doch angesichts der immer weiter wachsenden Unzufriedenheit der Franzosen mit ihrer Regierung sieht sich Präsident Macron zum Handeln gezwungen, denn damit er seine Olympischen Spiele reibungslos durchziehen kann, braucht er Ruhe im Land. Denn darum geht es 2024 in Frankreich – dass sich der Präsident mit diesen Olympischen Spielen ein Denkmal setzen kann.

Dass diese Regierung nicht mehr im Namen des französischen Volks regiert, erkennt man unschwer daran, dass Elisabeth Borne in ihrer relativ kurzen Amtszeit (sie ist erst seit Mai 2022 im Amt) bereits 23 Mal diesen Paragrafen 49.3 gezogen hat, was zeigt, dass die Entscheidungen dieser Regierung inzwischen nicht mehr den politischen Willen der Franzosen darstellen, sondern einzig den Willen des Präsidenten, der in Frankreich nicht etwa „erster Angestellter des Volks“ ist, sondern sich als Herrscher über die Franzosen betrachtet.

Aber wer soll die blasse Elisabeth Borne beerben? Arbeitsminister Olivier Dussopt fällt schon mal aus (sein Prozess wegen „Favoritisme“ findet am 17. Januar statt…), aber zwei Politiker wären zu gerne Kalif anstelle der Kalifin: Innenminister Gérald Darmanin (der bereits 2022 stocksauer war, dass Elisabeth Borne und nicht er zum Regierungschef gemacht wurde) und der Favorit Macrons, Bildungsminister Gabriel Attal, der so gerne mit seinen 34 Jahren seinen Landsleuten das Leben und die Welt erklärt.

Nur, auch die xte Regierungsumbildung kann nicht viel daran ändern, dass der nächste Premierminister nicht viel mehr als ein Platzhalter sein wird, der den Sessel im Sitz des Regierungschefs in Matignon für einen rechtsextremen Nachfolger warmhält, der 2027 gewählt werden wird, es sei denn, Macron löst vorher das Parlament auf und schreibt Neuwahlen aus.

Frankreich ist auf dem Weg in den Rechtsextremismus und Emmanuel Macron (und seine Vorgänger) haben alles dafür getan, dass es so weit kommt. Die Jahre der Macronie sind eine Reihe von unglaublichen politischen Fehlern, der Missachtung der Franzosen und der Französinnen, der Negierung demokratischer Grundregeln und daran wird auch ein erneuter Regierungswechsel nichts ändern können.

Dabei ist durchaus nachvollziehbar, dass die Franzosen 2017 den jungschen Macron als Hoffnungsträger gewählt hatten, zumal dieser versprochen hatte, die Brandmauer gegen Rechtsextrem aufrecht zu halten. Nicht mehr nachvollziehbar ist, dass der Mann trotz einer ersten, katastrophalen Amtszeit, 2022 wiedergewählt wurde.

So oder so, wer immer Elisabeth Borne beerben wird, sitzt auf einem Schleudersitz, auf dem die jeweiligen Amtsinhaber nicht viel mehr zu tun haben, als den Willen des Präsidenten durchzusetzen. Ähnlich wie Deutschland befindet sich auch Frankreich inmitten einer Regierungskrise, die noch so tut, als gäbe es sie gar nicht. Doch das Ende dieser Regierungskrisen ist bereits vorgezeichnet – die Rechtsextremen nähern sich der Macht. Und das ist in beiden Ländern eine mehr als bedenkliche Entwicklung.

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