Am Samstag lähmt sich Frankreich selbst

Der „Aktionstag“ der unzufriedenen Franzosen wird am Samstag, den 17. November, das ganze Land lahmlegen. Wofür, das weiß eigentlich niemand so genau.

Bei den "Gordon Riots" 1780 in England ging es unter anderem um die Erhöhung des Preises für Makrelen. Ist das eine Szene, die sich die Demonstranten am 17. November wünschen? Foto: John Seymour Lucas / artgallery.nsw.gov.au / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Ursprünglich ging es bei den für den Samstag, den 17. November geplanten Demonstrationen um die jüngste Benzinpreiserhöhung. Doch darum geht es inzwischen schon lange nicht mehr. Die Franzosen rebellieren gegen ihren Präsidenten Emmanuel Macron, die Regierung und gegen und für so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Doch mit diesem Aktionstag schießen sich die Franzosen selbst in den Fuß – das einzig denkbare Ergebnis dieses „Aktionstags“ dürfte ein tiefer Riss sein, der durch die französische Gesellschaft geht. Profitieren können von diesem „Aktionstag“ nur die Extremisten von rechts und von links – und Frankreich manövriert sich in eine Lage, die zwangsläufig dazu führt, dass das Land über kurz oder lang doch in die Hände von Extremisten fällt.

Und was soll am Samstag genau in Frankreich passieren? Die Organisatoren dieser unglücklichen Aktion wollen Verkehrsinseln und Autobahn-Zahlstellen blockieren, Autobahnen, große Verkehrsachsen, die Zufahrt zu Tankstellen und Supermärkten und selbst Bahnhöfe und Zugstrecken könnten von Demonstranten blockiert werden. Angesichts der Tatsache, dass laut einer Umfrage des „Le Figaro“ 78 % der Franzosen diesen Aktionstag unterstützen, muss man damit rechnen, dass sich am Samstag Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen an dieser Art „wildem Generalstreik“ beteiligen.

Die Ankündigung des französischen Präsidenten, Sonderregelungen und „Benzinprämien“ für Menschen einzuführen, die auf dem Land leben und auf das Auto angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen, kam viel zu spät und konnte die Welle der „gelben Sicherheitswesten“ (dem Erkennungszeichen der Demonstranten am Samstag) nicht mehr stoppen.

Somit läuft alles auf ein unglaubliches Armdrücken zwischen den Franzosen und dem französischen Staat hinaus. Die Regierung hat bereits angekündigt, sich nicht erpressen zu lassen und rigoros gegen Verkehrsbehinderungen vorgehen zu wollen. Bis hin zur Drohung, Führerscheine einzukassieren, gehen die Ankündigungen der Regierung, doch jede Ankündigung einer harten Repression steigert nur noch die Wut der Demonstranten – mit heftigen Auseinandersetzungen muss gerechnet werden.

Doch was für ein Ergebnis kann dieser Samstag bringen? Die Benzinpreise werden sicherlich nicht gesenkt werden und am Sonntag werden die Franzosen vor dem Trümmerhaufen ihrer Gesellschaft stehen. Das wird genau der Moment sein, an dem sich die Rechtsextremen um Marine Le Pen und die Linksextremen um Jean-Luc Melenchon vor der Presse melden werden, um den Franzosen zu suggerieren, dass alleine sie das Zeug haben, das Land wieder zu befrieden.

Dass die Franzosen mit ihrem Präsidenten und ihrer Regierung unzufrieden sind, ist eine Sache. Immerhin hat ihnen ihr Präsident seit seinem Amtsantritt auch genug Gründe geliefert, sich von ihm geringgeschätzt zu fühlen. Doch zwischen der Ablehnung eines Präsidenten, die man in einer Demokratie an der Wahlurne ausdrücken kann und dem Lahmlegen eines ganzen Landes, liegen Welten.

Die ursprünglich spontan und unpolitisch geplante Aktion am 17. November ist den Organisatoren aus dem Ruder gelaufen und die Geister, die sie gerufen haben, werden sie nicht mehr los. Jede Menge Gruppen und Grüppchen versuchen, diesen 17. November für ihre Zwecke zu missbrauchen und jeder, der am 17. November dabei mitmischt, trägt ein Stück Verantwortung für das, was an diesem Tag passieren wird.

Das Ganze erinnert ein wenig an die „Gordon Riots“, die 1780 in England stattfanden und bei denen in acht Tagen nicht nur 300 Menschen getötet wurden, sondern auch ein Sachschaden angerichtet wurde, der über dem der gesamten Französischen Revolution lag. Ist es das, was die Demonstranten am 17. November erreichen wollen? Die Destabilisierung des ganzen Lands?

Das Beste, was man am 17. November machen kann, ist ein großer Bogen um Frankreich herum. Von A nach B kann man ohnehin nicht fahren und wer hat schon Lust, zwischen einem von Extremisten angeheizten Block und den Polizeikräften zu stehen, die den Auftrag haben durchzugreifen.

So oder so, an den 17. November 2018 wird man sich in Frankreich lange erinnern. Hoffentlich nicht als einen Tag der nationalen Katastrophe.

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