Der nächste Präsident der Region Grand Est wird wieder ein Elsässer

Nachdem Philippe Richert entnervt das Handtuch geworfen hat, wird der Bürgermeister von Mulhouse Jean Rottner sein Nachfolger. Doch Ruhe wird dadurch nicht ins Elsass einziehen.

Jean Rottner, Bürgermeister von Mulhouse, wird Nachfolger von Philippe Richert. Foto: Gaillac81 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die konservative Mehrheit in der Regionalversammlung der ostfranzösischen Region Grand Est hat schnell auf den Rücktritt des Regionalpräsidenten Philippe Richert reagiert und einstimmig einen neuen Kandidaten für die Nachfolge Richerts gewählt – den Bürgermeister von Mulhouse Jean Rottner, dessen Wahl angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Regionalrat eine reine Formsache ist. Und damit steht zum zweiten Mal ein Politiker an der Spitze dieser Region, der diese im Grunde ablehnt und ebenso wie viele andere im Elsass von einer Rückkehr zu einer eigenen Region Elsass (also dem Austritt aus der Region Grand Est) träumt.

Wie leitet man eine Organisation, deren schiere Existenz man ablehnt? Jean Rottner, der designierte neue Präsident der Region Grand Est, wird es ebenso versuchen wie Philippe Richert, doch angesichts der Virulenz der Elsässer Autonomisten, läuft Rottner Gefahr, dass er der gleichen Kritik ausgesetzt sein wird wie sein Vorgänger. Denn die Quadratur des Kreises, also das Lenken einer Region, gegen deren Existenz man kämpft, erscheint schwierig bis unmöglich. Natürlich kann ein Politiker es niemals allen Recht machen, doch Rottner wird sich der gleichen Aufgabe stellen müssen wie Richert – in einer Situation, in der er es niemandem Recht machen kann.

Es ist schwer verständlich, wieso Lothringen und die Champagne-Ardenne einen Präsidenten akzeptieren, der wie sein Vorgänger aus dem Elsass kommt. Denn eigentlich sollte sich das Elsass erst einmal selbst finden und das ist alles andere als eine einfache Aufgabe. Denn Jean Rottner ist eben nicht nur Elsässer, sondern Elsässer aus dem Haut-Rhin und angesichts der Uneinigkeit zwischen Haut-Rhin und Bas-Rhin ist alleine das schon problematisch.

Genau wie Philippe Richert wird Jean Rottner die Breitseiten der Autonomisten zu spüren bekommen, wird eine Region leiten müssen, deren Haushalt gerade im Vorübergehen von Premierminister Edouard Martin um 450 Millionen Euro gekürzt wurde. Als erste Amtshandlung, noch vor seiner offiziellen Wahl, wird die Teilnahme an einem Runden Tisch der Elsässer Abgeordneten in Paris sein, bei dem es darum geht, wie der Forderung nach der Rückkehr zu einer eigenen Region Elsass Nachdruck verliehen werden kann. Anders gesagt beginnt Jean Rottner sein Mandat als Präsident der Region Grand Est mit einem Meeting, bei dem es darum geht, wie seine Organisation wieder abgeschafft werden kann. Die Politik treibt manchmal seltsame Blüten…

Jean Rottner als Präsident der Region Grand Est, das ist die programmierte Fortführung des innerelsässischen Konflikts, an dem letztlich auch Richert gescheitert ist. Und eines ist klar – das Elsass wird lange nicht zur Ruhe kommen, doch die Konflikte innerhalb des Elsass, zwischen den drei Unterregionen des Grand Est und im Verhältnis zu Paris sind so groß, dass sie uns noch eine Weile begleiten werden. Denn mit der Region Grand Est verhält es sich ein wenig wie mit einer Schwangerschaft. Genau so wenig wie man „ein wenig schwanger“ sein kann, kann man „ein wenig Mitglied der Region Grand Est“ sein. Kompromisse sind nicht in Sicht – das Elsass steuert weiter auf eine große Konfrontation mit dem französischen Staat zu. Die Ernennung und als sicher geltende Wahl Jean Rottners ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zum großen Clash.

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