Lieben die Europäer noch ihr Europa?

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat in acht Ländern die Frage gestellt – sehen Sie in Europa eher Vorteile oder Nachteile? Die Antworten sind ernüchternd.

So schön unser Kontinent aus dem Weltraum auch aussieht, die Europäer vertrauen dem Konzept "Europa" immer weniger. Foto: NASA / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Da fragen sich die politisch Verantwortlichen Europas immer, wie sie eine bessere Presse bekommen. Einrichtungen wie die Eliteschmiede ENA in Frankreich bieten Kurse für Journalisten an, bei denen sie lernen sollen, wie man „richtig“ über Europa berichtet (und diese Kurse kosten dann auch knapp 1200 € pro Tag…) – aber das reicht nicht. Denn in Europa geht es nicht mehr um Kommunikation, sondern darum, dass Europa langsam die Europäer weglaufen. Denn die Menschen glauben nicht mehr an Europa und das ist nicht die Schuld der Medien, sondern die Schuld eines inzwischen fast systematischen Versagens der europäischen Politik in so ziemlich allen wichtigen Fragen, mit denen sich die Menschen heute beschäftigen. In der EU gibt es noch zwei Länder, in denen die Menschen noch mehrheitlich der Ansicht sind, dass Europa mehr Vor- als Nachteile bietet – Deutschland und Spanien. Und auch hier bröckelt der Optimismus immer weiter ab.

Die Diskussionen der letzten Monate, Griechenland, Ukraine, Flüchtlinge, TTIP, Syrien-Krise, Terrorismus – all das hat Folgen. Vor allem, weil Europa keine Antworten auf diese Fragen bietet. Am heftigsten schlägt sich das in der Tschechischen Republik nieder, wo nur noch 13 % der Befragten Vorteile mit dem Begriff „Europa“ verbinden, dafür aber 44 % Nachteile. Und 43 % verbinden dort überhaupt nichts mehr mit Europa, was ebenso beunruhigend ist.

Auch in Italien, Schweden und Frankreich sind die Menschen nicht mehr vom Konzept „Europa“ überzeugt. In Italien sehen 41 % der Befragten nur noch Nachteile in Europa (aber 27 % immerhin Vorteile), in Schweden sind die Skeptiker mit 38 % ebenfalls in der Mehrheit (gegenüber 23 % Euro-Optimisten), in Frankreich sind die Zahlen ähnlich (34 % Skeptiker, 23 % Optimisten). Nur in Spanien und in Deutschland sind die Befürworter Europas noch in der Mehrheit, doch hat die Europaskepsis in Deutschland auch schon ein Viertel der Bevölkerung erfasst.

Da ist es mit „Schönreden“ und „politischer Kommunikation“ nicht mehr getan. Die Europaabgeordneten täten gut daran, die Schuld für dieses schlechte Image nicht bei Dritten zu suchen, sondern in der erfolglosen Politik, die sie zu verantworten haben.

Die Schlussfolgerung, die man aus der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ziehen muss, ist einfach – entweder ändert sich das institutionelle Europa, oder es verliert endgültig den Anschluss an seine Bevölkerung. Dabei müsste sich auch in Brüssel und Straßburg die Erkenntnis durchsetzen, dass die Institutionen ihre Bürgerinnen und Bürger brauchen – anders herum ist das schon fraglicher.

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